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Jeder Mann sollte in seinem Leben ein Kind zeugen, einen Baum pflanzen und ein Haus bauen.

Foto: APA/EPA/Frank May

Der Schnauzer beginnt am Sonntag pünktlich bei Sonnenaufgang. Ziegel werden geklopft. Eine Kreissäge singt. Die Mischmaschine gibt den Rhythmus vor. Ein Haus wird gebaut. Dazu plärrt Radio Niederösterreich älplerische Schlager. Kurz darauf sind alle Nachbarn entsetzt aus ihren Betten gefahren. Hallo, nebenan wird gearbeitet. Eine Stunde später herrscht wieder Ruhe. Der Schnauzer steht am Flussufer und trinkt Bier. Vom Haus gegenüber sieht man, wie er sich ins Gewässer erleichtert. Im Haus gegenüber wohnen auch kleine Kinder. Dann verschwindet er. Die Nachbarn haben nun Zeit, über das ruhige Leben auf dem Land zu reflektieren, auf das sie einst hofften. Über dem Dorf verbreitet sich eine resignative Stimmung.

Pünktlich zu Mittag wirft der Schnauzer den Rasenmäher an. Gegenüber am anderen Ufer tut es ihm der Barterte gleich. Das lassen sich die Bauern im Ort nicht bieten. Sie starten die Traktoren. Es muss gearbeitet werden. Aus dem Transistorradio jubelt eine verhallte Stimme mit rollenden Rrrs das Lob der Heimat. Wieder Bier, wieder Erleichterung in den Fluss. Wieder Stille. Andy Borg singt nun bis zur Brotzeit ganz allein vom Rohbau herüber. Der Rohbau steht noch immer ohne Dach da. Vor Einbruch der Dunkelheit noch schnell drei, vier Bier gezoscht und zwei, drei Ziegelsteine vom linken Eck ins rechte getragen. Dann ist der Sonntag vorüber. Seit drei Jahren geht das so. Jeder Mann sollte in seinem Leben ein Kind zeugen, einen Baum pflanzen und ein Haus bauen. Wir haben den Schnauzer weit vor dem Ende seines Plansolls kennengelernt. (Christian Schachinger/Der Standard/rondo/11/06/2010)