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Nicht gerade kleine Mengen Fleisch werden bei einem klassischen Braai verdrückt, Beilagen werden nicht gereicht.

Die Fleischhauerei hat sonntags geöffnet, und die Warteschlange der Kundschaft zieht sich bis vor das Geschäft über das Trottoir. Der Fleischhauer heißt Mzoli Ngcawuzele, und sein Geschäft Mzoli's Meat ist eine ehemalige Garage zwischen den vielen Blechhütten mitten in Gugulethu, einem der größten Townships in Kapstadt.

Sonntags wird bei Mzoli's Meat ab elf Uhr vormittags der Grill befeuert. Die vielen Kunden kommen zum Braai, der südafrikanischen Variante gepflegter Grillerei. Sie stellen sich an, um ihr Grillgut in der Vitrine auszusuchen. Das kommt dann auf den Holzgrill, während die Gäste in einem Gastgarten nebenan auf ihr Essen warten.

Sie sitzen dort an Tischen und weißen Stühlen aus Plastik. Eine grüne Plane schützt vor der Sonne, ein DJ sorgt für Musik. Helfer klettern den ganzen Tag herum, um mehr Schatten für den großen Ansturm zu schaffen. Unaufhaltsam erweitert sich der Bereich der Tische Stück für Stück auch bis auf die Straße. Freie Plätze sind trotzdem nicht zu finden. Bei Mzoli's Meat ist telefonische Reservierung geboten, weil die Grillerei seit 2003 zu den beliebtesten Vergnügungen am Wochenende zählt. Die Gäste kommen aus Gugulethu, aber auch aus Khayelit-sha und Mfulenivon, den anderen Armenvierteln Kapstadts. Die meisten gehören zur ethnischen Gruppe der Xhosa. Auch unter den schwarzen und hippen Kapstädtern, die nicht in einem Township leben, ist Mzoli's Meat ein beliebter Treffpunkt.

Nathi ist beruflich für die Wartung medizinischer Geräten auf einer Intensivstation verantwortlich. Sich sonntags hier mit Freunden zu treffen gehöre zu einem guten Wochenende einfach dazu, meint der junge Xhosa. Wie alle Gäste hat er eine Kühlbox dabei, die die mitgebrachten Getränke kalthält. Getrunken wird ausschließlich Alkohol, meistens Wodka-Orange und Bier aus Einliterflaschen. Xolani, auch ein Xhosa und angehender Medizinstudent, empfiehlt die Marke Windhoek aus Namibia. Sie sei nach deutschem Reinheitsgebot gebraut. Dieses wohlschmeckende Erbe der deutschen Kolonialbesatzer schätze er sehr. Wer selbst keine Getränke mitbringt, kauft diese durch ein kleines vergittertes Fenster direkt am Gastgarten. Die junge Frau dahinter gibt das Bier aber ausschließlich in Sixpacks aus. Auch sie hat keine alkoholfreien Getränke im Angebot.

Nicht alle Gäste sind schwarz. Mzoli's Meat ist mittlerweile auch in Reiseführern gelistet. So wagen sich auch weiße Touristen mitten ins Township. Sogar Starkoch Jamie Oliver war bereits zu Gast und berichtete danach von einer sexy Erfahrung. Die Atmosphäre hat aber trotzdem nichts von obszönem Armutssightseeing. Man isst und trinkt gemeinsam, was sich dank DJ und Alkohol immer mehr zur Party entwickelt. Aber vorerst warten alle noch auf das Braaivleis, wie das gegrillte Fleisch auf Afrikaans genannt wird. Die Schweinerippchen, Hühnerflügel und Lammkoteletts kommen mit der knallroten Grillsoße in Schüsseln auf den Tisch. Daraus essen alle mit den Fingern. Es gibt keine Beilagen. Vor allem diese Beschränkung macht einen großen Teil des groben Charmes bei Mzoli's Meat aus.

Braai ist in Südafrika ein gesellschaftliches Ereignis, das alle Ethnien und Bevölkerungsschichten mit großer Leidenschaft pflegen. Zur Grundausstattung eines privaten Gartens gehört ein Braai-Grill, aber auch in jedem öffentlichen Park finden sich Braai-Stellen. Man hüte sich davor, die Grillerei Barbecue zu nennen. Das nehmen einem die Südafrikaner übel, weil bei Braai im Gegensatz zur amerikanischen Variante statt Holzkohle nur Holz zur Befeuerung benutzt wird. Auf den Grill kommt das Braaivleis oft mit Koriandersamen, Chili und Thymian, auch Ingwer, Nelken, Kardamom und Zimt sind in der Marinade. Eine besondere Spezialität ist die Boerewors, eine zur Schnecke gekringelte Bratwurst. Was in Europa exotisch klingt, gehört in Südafrika zum Standardangebot. So wendet der Tong-Master mit seiner Grillzange das Fleisch von Antilopen, Büffeln, Springböcken und Straußen über der Holzglut. Europäer staunen auch über die Mengen, die man isst. 350 Gramm kommen hier als "lady portion" auf den Teller. (Peter Fuchs/DER STANDARD/Rondo/05.06.2010)