In den Siebzigern war Eierfärben fad. Es dauerte ewig, gelang nie und roch nach Essig und Speck.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Adelheid Wölfl

In den Siebzigern war Eierfärben fad. Es dauerte ewig, gelang nie und roch nach Essig und Speck. Der Essig sollte die Farbe festigen und die Speckschwarte die Eier zum Glänzen bringen. Doch das Grün blieb immer enttäuschend, und die blauen Eier hatten blassblaue Wasserringerln, weil man sie zum Abtropfen in eine Schachtel legte.

Jedes Jahr fühlten wir uns als Versager, weil die Eier nie so aussahen wie auf den Eierfarbpackerln. Und nie so wie im Supermarkt. Wir beneideten die Kinder mit weniger kreativen Eltern, die Hochglanzeier kaufen durften. Sie hatten die röteren, lackigschönen Eier mit Osterhasenpickerln drauf. Wir hatten selbstgefärbte Bioeier und Depressionen. Am Ostersonntag beim Eierpecken zerschmetterten wir dann unsere hässlichen Eier mit großer Lust. Wir schlangen sie hinunter und erstickten dabei beinahe an dem trockenen Eigelb, das in unserer Kehle lag wie Zement. Und jedes Jahr wünschten wir uns Supermarkteier, bunt und aus Schokolade mit Nougatfülle, eine Idee davon, wie es im Himmel sein wird, also.

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Contra---
Von Ronald Pohl

Das gemeine Haushuhn - dessen Ruf ohnehin durch seine Kotgebarung massiv beschädigt ist - hat sich schon etwas gedacht dabei: Jene köstlichen Eier, die ihm quasi ein Gott zu legen eingab, haben nun einmal weiß oder blassbraun zu sein. Aufgrund einer bedauerlichen Missdeutung, die das heilige Osterfest erfahren musste, wurden dem Haushuhn die Eier auch noch entwendet. Als Urheber seiner Erzeugnisse zeichnete fortan der gemeine Feld- und Wiesenrammler, dem findige Marketing-Experten eine Butte um die schmächtigen Schultern hängten. In diesem hortete er, als Austräger fremder Früchte, bunte Eier zuhauf. Doch damit ist die schreckliche Geschichte einer empörenden Enteignung noch nicht beendet: Der Osterhase hat sich aus dem Staub gemacht. Die Verantwortung für die Verteilung der Eier haben die Nahversorger übernommen. Und während unsere Hühner weiterhin um den Profit für ihre leiblichen Anstrengungen geprellt werden, essen wir noch zu Pfingsten gefärbte Eier, die bereits in der Energiewoche abgebrüht wurden. (Der Standard/rondo/02/04/2010)