Denn die Gewalt geht immer noch vom Volke aus.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Sigi Lützow

Schon steht das Du dem A. am nächsten, wie eine Business-Kundige, Sorte eiskaltes Rehlein, erst unlängst versicherte. Und natürlich muss man den Schweden, welche Ende der 60er-Jahre das Du verordnet bekamen (Olof Palme: "Die Duz-Gewalt geht vom Volke aus."), nicht alles nachmachen. Anderseits: Sind die Schweden schlecht damit gefahren? Ja, erklärt sich nicht der Erfolg ihrer, nur zum Beispiel, Möbel gerade hierzulande durch die Anknüpfung an schöne Traditionen? An das "Servus, Herr Rittmeister", welches in des Kaisers Armee gepflogen wurde, auch wenn das Business feindbedingt gerade besonders anstrengend war? Oder an das "Servus, Herr Hofrat", das sich auch heute noch vernehmen lässt?

Freilich bezog und bezieht sich das nur auf die höheren Stände, aufs Business halt. Denn darunter ist man werktätig und schlicht dem Erwerb des täglichen Brotes verpflichtet. Da flutscht das Du nicht mehr ganz so leicht. Weshalb eine Anleihe bei den Schweden doch angezeigt scheint. Denn die Gewalt geht immer noch vom Volke aus.

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Contra---
Von Peter Illetschko

Das Du-Wort ist zwischen Geschäftspartnern so präsent wie der verständ- liche Versuch, den Preis runterzuhandeln. Gespielte Freundlichkeit verknüpft mit realer Gewinnmaximierung. Passt da vielleicht doch irgendetwas nicht zusammen? Ich verlange ja auch nicht von Freunden bei gemeinsamen Abendessen, meine Rechnung zu zahlen. Und einem Großhändler, dessen Waschmaschinensortiment mir zu teuer ist, biete ich sicher nicht das Du-Wort an. Bin ja kein Blödmann. Das Du-Wort im Business: Diese Art von Freundlichkeit schafft Verbindlichkeit, die oft mit Rücksichtslosigkeit endet. Wie muss sich da der andere fühlen, wenn er vom Ende der Geschäftsbeziehung hört? Soll er das Tortenstück, in dem er beim "freundschaftlichen" Geschäftsessen gerade stochert, dem Gegenüber aufsetzen? Deswegen muss das Sie als Zeichen respektvoller Distanz überleben. Man muss sich nicht mit "Tut mir so leid"-Floskeln und "Bleiben wir den noch Freunde!"-Schwüren verrenken, wenn sich unerfreuliche Änderungen ergeben. (Der Standard/rondo/19/03/2010)