Sofa "Compo'sit" für Dunlopillo

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"Instant seat"

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Büromöbel "Openroom n°1" für Éditeur Established & sons

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DER STANDARD: Was würden Sie sagen, wenn ich Sie als Künstlerin bezeichne? Man sah von Ihnen Kunstinstallationen in Galerien wie jener von Thaddaeus Ropac oder in Museen wie dem Centre Pompidou.

Matali Crasset: Ich bin Industriedesignerin, aber ich realisiere auch gern Projekte in anderem Kontext. Deshalb fertige ich manchmal auch Kleinserien. Trotzdem sind diese für mich mehr Design als Kunst.

DER STANDARD: Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Kunst und Design? Oder ist es für Sie überhaupt notwendig, sie zu ziehen?

Crasset: Ich denke nicht wirklich darüber nach. Ich versuche immer in Zusammenhängen zu denken. Wenn ich ein Stück für eine Galerie oder ein Museum mache, dann will ich etwas Ungewöhnliches, etwas Experimentelles zeigen. Ich würde nie ein Industrieobjekt zeigen.

DER STANDARD: Aber dass sich Kunst und Design in den letzten Jahren annäherten, ist unübersehbar, oder?

Crasset: Ich glaube, darüber ließe sich viel diskutieren. Mir kommt es vor wie vor zehn Jahren, als man fragte: "Sind Sie ein Bildhauer oder ein Maler?" Wichtig ist doch nicht, ob es Kunst oder Design ist, sondern die Frage, ob etwas einen neuen Ansatz bringt. Also ich halte diese Debatte für falsch. Ich spreche lieber über die Vielfalt von Design. In der näheren Vergangenheit wurde im Industrial-Design das meiste Know-how für Standardisierungen verwendet. Heutzutage wollen die Auftraggeber von uns, dass wir in unseren Projekten an alle möglichen Persönlichkeiten denken und diese einbringen. Vielleicht weicht auch das die Grenzen zwischen Kunst und Design zunehmend auf. Man bringt einfach auch mehr von sich selbst ein.

DER STANDARD: Wo liegt bei Ihrer Arbeit der Unterschied zwischen der Gestaltung eines Liebesspielzeugs und einem Hotel?

Crasset: Es ist eine Frage des Maßstabs. Die Ingredienzien bleiben dieselben. Es geht um ein Brechen der Codes, um etwas Neues zu schaffen, das offensichtlich besser in den Lebensalltag passt.

DER STANDARD: Wie brechen Sie die Codes?

Crasset: Indem ich etwas vorschlage, das abseits vom Bestehenden ist. Dabei geht es mir nicht um eine Evolution. Ich versuche, eine neue Typologie zu erschaffen. Ich arbeite mit der Idee, Szenerien und nicht nur Einzelteile zu entwickeln.

DER STANDARD: Sie kommen am 11. März nach Wien, um neben vielen anderen an einem Symposium zum Thema "Interkreativität" zu sprechen. Was verstehen Sie darunter?

Crasset: Viele von uns sind sehr oft sehr spezialisiert auf ihrem Gebiet. Vielleicht zu spezialisiert. Das Leben ist das Gegenteil davon. Das Leben ist sehr vielfältig. Für mich steht dahinter die Idee, mehr Vielfalt zu kreieren.

DER STANDARD: Der Part des Symposiums, an dem Sie teilnehmen, heißt "Gestalten ohne Grenzen". Ist das möglich?

Crasset: Ich denke, es geht allgemein darum, zu einer neuen Logik und zu neuen Denkansätzen zu gelangen. Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, in der Design sehr hilfreich sein kann.

DER STANDARD: Inwiefern?

Crasset: Als Designer muss man stets sich selbst und die Zusammenhänge, in denen man arbeitet, infrage stellen. Daran sind wir gewöhnt, und so können wir nicht nur auf methodische Weise helfen, Energien zu bündeln.

DER STANDARD: Sie lebten vor 24 Jahren für ein halbes Jahr in Wien. Warum?

Crasset: Mein Mann unterrichtete in Wien Französisch. Ich war gerade mit meinem Portfolio beschäftigt und hab mir damals viel angeschaut und viel über Design und mich gelernt. Am Anfang hat es mir sehr gefallen. Ich war viel in der Oper, auf den Stehplätzen. Habe mir die Sachen von Loos angeschaut. Dann ging mir ein bisschen der Schwung in dieser Stadt ab. Ich habe gehört, dass sich diesbezüglich viel geändert haben soll. Damals war alles sehr an der Vergangenheit orientiert.

DER STANDARD: Kennen Sie modernes Design aus Österreich?

Crasset: Nicht viel, in meinem Kopf ist das sehr mit der deutschen Szene verbunden.

DER STANDARD: Kennen Sie Namen?

Crasset: Ich kenne Österreicher, die im Ausland arbeiten, aber nicht in Wien.

DER STANDARD: Sie meinen Robert Stadler? (Dieser nimmt ebenfalls am Symposium teil. Anm. d. Red.)

Crasset: Ja, weil er in Frankreich lebt.

DER STANDARD: Vielleicht noch jemand?

Crasset: Nein, tut mir leid.

(Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/05/03/2010)