Unterkunft:

Island Hideaway at Dhonakulhi, Spa Resort & Marina, Haa Alifu Atoll

Foto: Island Hideaway at Dhonakulhi

Lily Beach Resort & Spa in Huvahendhoo, Malediven

Foto: Lily Beach Resort & Spa

Anreise:
Flug über Wien-Düssldorf-Male, www.airberlin.com

Grafik: DER STANDARD

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Gefährdetes Paradies: Die Malediver sägen gewissermaßen an dem Atoll, auf dem sie sitzen. Die Inselvegetation und Riffe sind empfindliche Systeme, die es zu schützen gilt.

Der Weg ins Paradies ist eine Hochschaubahn. Aber der Mann, der am Flughafen in Hoovandoo ungefragt einen Sonnenschirm über den Gästen aufgespannt und ihnen den Koffer aus der Hand genommen hat, gibt einem auch im Speedboat das Gefühl, als hätte er alles fest im Griff. "Ich bin Hussain", hat er gesagt, und dann ging es los. Vierzig Minuten durch die hohen Wellen des Indischen Ozeans, immer Richtung "Island Hideaway". Die versteckte Insel im nördlichen Haa-Alifu-Atoll liegt 250 Kilometer entfernt vom Flughafen der maledivischen Hauptstadt Male. Doch gefühlt ist das Hideaway noch weiter entfernt, und das liegt nicht nur an der fast ewig dauernden Speedboatfahrt - das Resort ist tatsächlich anders als die meisten maledivischen Hotelkomplexe. So wie in allen anderen Hotels auf den Inseln gibt es zwar auch hier türkises Meer, weiße Strände und atemberaubende Schnorchelgänge. Aber das Island Hideaway erzählt noch mehr - man muss nur seinem Butler folgen.

Hussain trägt ein sandfarbenes Hemd, Shorts und Sandalen und passt perfekt in das Ambiente des Hotels. "Barefoot Luxury" nennt sich das Gefühl, das hier verbreitet wird. Heißt: Die Gäste sollen möglichst simpel und ohne großes Trara ihre Zeit verbringen ("Barefoot"), und genau darum wird möglichst viel Trara betrieben ("Luxury"). Hussain ist einer von 260 Mitarbeitern, die sich um höchstens 120 Gäste kümmern und dafür sorgen, dass keine Wünsche offen bleiben, während man als Tourist seine Zehen unter dem Tisch des Matheefaru Restaurant im Sand vergräbt. Lokale Köstlichkeiten werden auf einer kleinen Farm auf einer Nachbarinsel angebaut, der Roederer Cristal allerdings wächst dort sicher nicht. Zu den Mahlzeiten in beiden Highclass-Restaurants der Insel stehen die Butler für den Service an "ihren" Gästen bereit. Über jede Lactose-Unverträglichkeit eines Gastes weiß Hussain längst Bescheid. Genau das ist sein Job, sagt er. Er lernt ständig, etwa, wer stilles Wasser präferiert, dass Russen ihre Tische immer voll beladen wollen, wie viel Trinkgeld die einzelnen Nationen geben und wie wichtig es ist, immer ein Pflaster bei sich zu haben. Er kümmert sich um Bootsausflüge, Kinderdinner am Strand, Geburtstagsüberraschungen genauso wie das Kofferausräumen (wenn gewünscht) oder eine nicht funktionierende WLAN-Verbindung. Per Telefon ist er 24 Stunden erreichbar.

Die derart umsorgten Gäste wohnen in insgesamt 43 Privatvillen (in sechs Kategorien) und werden entweder mit einem Buggy über die 1,4 Kilometer lange Insel kutschiert oder fahren selbst - mit Rädern, die aussehen wie aus dem letzten Manufactum-Katalog - zum Tauch-Center (wunderschönes Hausriff!), zum Kinderclub (dort stehen Sushikochen, Dhonifahren, Sandburgenbauen auf dem Programm) oder zum Mandara-Spa, um sich mit kunstvollen Massagen verwöhnen zu lassen. Jede Villa hat einen eigenen verwunschenen Garten mit kleinem Pool und Zugang zum lauwarmen Lagunenwasser. Im Gegensatz zu anderen Resorts gibt es hier keine zurechtgestutzte Natur, die Inselwege sind von dichten Wäldern umwuchert, die Mangroven dürfen wild bis zum Ufer wachsen. Und das Wichtigste: Es gibt keine Overwater-Villas, die auf Stelzen ins Meer gebaut sind, wie sie etwa im Lily Beach Resort im Süden der Malediven, dem Schwesterhotel des Hideaway, errichtet wurden. Und genau diese Overwater-Villen sind ein perfektes Sinnbild für die Probleme der Malediven: Einerseits werden sie von den Touristen gewünscht, weil sie als Inbegriff von Luxus gelten - andererseits destabilisieren sie aber die Inseln und gefährden die Riffe.

Das frisch renovierte Lily Beach wirbt seit Mai mit "erschwinglichem Luxus" und bietet tatsächlich alles, was sich viele von den Malediven erträumen - in einem preiswerten All-in-Paket, das sich nobel "Platinum Plan" nennt. Aber mit dem alten Lily Beach (Hängematten, grüne Anstrichfarbe, nur ein Restaurant) haben sich die Malediven als Billigziel für einstige Globetrotter und Tauch-Freaks verabschiedet und sind endgültig zum Urlaubsparadies der Global Society mutiert. Im neuen Lily Beach werden Bettwäsche und Handtücher ständig gewechselt, die Zimmer permanent klimatisiert. Das macht natürlich die CO2-Bilanz des Inselstaats nicht besser, im Gegenteil: Die Malediver sägen an dem Atoll, auf dem sie sitzen, und werden vielleicht die ersten Klimaflüchtlinge der Welt sein. Das hat selbst der maledivische Präsident gerade erst mit einer Unterwasser-Parlamentssitzung aufzeigen wollen. Aber spätestens nach dem ersten Schnorchelgang ist man selbst in der globalen Tourismusfalle - und möchte wiederkommen, zurück ins Paradies.

Seit den 70er-Jahren gibt es eine strikte Trennung zwischen (muslimischen) Einheimischen- und (touristischen) Hotelinseln. "Dieses Hotel gehört uns", sagt Butler Hussain über das "Island Hideaway", und meint damit nicht nur, dass Turquoise Experience als einzige Hotelgruppe der Malediven im Luxussegment fest in maledivischer Hand ist. Die Bewohner Utheems, einer Nachbarinsel des Hotels, auf der auch Hussain wohnt, haben nämlich das Resort gebaut. Als das Speedboot dort nach zehn Minuten anlegt, ruft der Muezzin gerade zum Nachmittagsgebet. "Wir sind 100 Prozent muslimisch, aber nicht streng gläubig", so Hussain. Er hat in Male gelebt und ist damit offener als 80 Prozent der Malediver, die ihr Atoll noch nie verlassen haben. Strenggläubige würden nie in einem Resort arbeiten, sagt er. Mit dem Geld, das er als Butler verdient, baut er gerade ein neues Haus. Viele tun das, allerdings nur die Männer (im Hideaway arbeitet eine maledivische Frau im Kinderclub -, wenn sie heiratet, wird ihr Mann von ihr verlangen, dass sie aufhört), die Frauen bleiben zu Hause und kümmern sich um Haus, Familie - und die Insel. Utheem ist im Gegensatz zu anderen eine aufgeräumte 850-Einwohner-Insel: Die Frauenvereinigung kehrt jede Woche die breite Dorfstraße. Mädchen laufen in Gruppen, Burschen machen Musik auf einer maledivischen Trommel, Fischer tragen ihre Beute nach Hause, zwei ältere Frauen sitzen hinter einem Haus am Boden und flechten Matten aus Palmenblättern. Am Strand am Ende der Straße spielen Frauen mit Kopftüchern Volleyball. Die Utheemer sind stolz, hier steht das älteste Kulturgut der Malediven, ein 500 Jahre alter Palast (der aussieht wie eine historische Skihütte), wo bis heute der Nationalheld Mohammed verehrt wird.

Seit acht Jahren kommen auch Touristen nach Utheem, erzählt Hussain. Als ein kurzer, heftiger Monsunregen niedergeht, sitzen wir in einem kleinen Café-Imbiss und essen maledivische Tapas. Hussain träumt nicht nur von einer Klimaanlage für die Butlerunterkünfte im Island Hideaway. In vier Jahren will er dort aufhören und auf Utheem sein eigenes Geschäft machen: Souvenirs an Touristen verkaufen. Bald werde überhaupt die Trennung zwischen Einheimischen- und Hotelinseln aufgehoben, das Gesetz müsse nur noch im Parlament beschlossen werden, erzählt er. Im Moment hat er vier Tage im Monat frei, übermorgen ist er wieder zurück bei seiner Frau, die gerade ihr viertes Kind erwartet. Die Sonne kommt wieder raus. Das Meer ist heute ganz unbewegt. Noch. (Mia Eidlhuber/DER STANDARD/Rondo/30.10.2009)