Im Bregenzerwald herrscht die Eleganz des Einfachen. Gehegt wird diese vom "Werkraum Bregenzerwald", gehuldigt wird ihr im Rahmen des Wettbewerbs "handwerk +form".

Foto: www.werkraum.at/Roswitha Natter

"Unmöglich", bricht es plötzlich aus dem Nachbarn heraus, "ganz und gar unmöglich", so der Gra-fiker Pierre Brauchli aus Zürich, "dass die Schwarzen und die Bunten, die Avantgardisten und die Heimatverbundenen" in seiner Heimatstadt einen solchen Abend zusammenbrächten wie den zur Eröffnung der Ausstellung Handwerk und Form. Die Eröffnung findet in Andelsbuch statt, einer Gemeinde von kaum tausend Bewohnern im Bregenzerwald - Musikkapellen, Fahneneinzug, Politikerreden und zwei Stunden Vorstellung neuesten Designs, dichtgedrängtes Publikum, Bauer neben auswärtigem Architekt, Bürgermeister neben Industriedesigner aus ferner Metropole.

Bereits zum fünften Mal findet dieses Spektakel statt, zum dritten Mal im eigens zu diesem Anlass errichte-ten Festbau, jedes Mal mit steigendem Zuspruch. Und die Initiatoren, die Handwerker des "werkraum bregenzerwald", feiern so ihr zehnjähriges Jubiläum, die erfolgreiche Einführung dieser Marke und ihr wichtigstes Instrument, den Wettbewerb "handwerk+form".

Es geht um "Produkte des täglichen Gebrauchs", "einfach in Herstellung, Handhabung, Wartung, zur Benützung anregend, klar in der Funktion" - so seit 2000 die Aufgabe. Innovation in Technik oder Funktion werden gewertet wie Verarbeitung und Produktionsreife. Entscheidend ist, dass die gebrauchsfähigen Objekte aus den Werkstätten der Mitglieder kommen, ob aus Holz, Stahl, Beton, Wolle, ob von den Handwerkern selbst entworfen, ob von Gestaltern von hier oder auswärts.

Gemeinschaftswerke

Dieses Jahr sind es 95 Objekte. In erster Linie Möbel fürs Haus, ergänzt durch solche für den Garten und den Straßenraum; zunehmend vertreten auch Wohn-Dinge wie Heizung, Licht, technische Hilfsmittel; immer auch Garderobe und Schmuck. Üblicherweise kommen die Stücke aus einer Werkstatt, doch fallen in diesem Jahr die Gemeinschaftswerke auf - man schafft zusammen, löst starre Zuordnungen auf. Eine Fülle und ein Spektrum wird ausgebreitet, als gälte es, die Vorjahre zu überbieten.

Stuckateur und Lichttechniker etwa zaubern ein Licht an die Wand, wie man es noch nicht gesehen hat. Das Zusammenspiel von Tischler, Schlosser und Polsterer liegt nahe, einmal mehr fasziniert auch heuer wieder die Lust an technischer Innovation. Höchste Tischlerkunst erhält eine zusätzliche Note, wenn der Lackierer Hand anlegt. Wärme im Raum erhält eine neue Dimension, wenn sich Installateur, Schlosser und Steinmetz der Sache annehmen, wobei dem Kenner der Bezug des funktionalen Dekors zur lokalen Tracht einleuchtet.

Und immer wieder die Rückbindung an die Talschaft - deutlich bei der Neuinterpretation des Tisch-Bank- Themas, subtil bei der Kirschholz-Kommode oder den Filzgefäßen.

Augenmerk: Technik

Über die Jahre werden Nuancen sichtbar. Standen einst kubische Minimalstrukturen im Vordergrund oder die spielerische Erweiterung handwerklichen Tuns, war dann wieder die klassische Form oder die Kultivierung des Materials sichtbar. Dies alles sind Potenziale des Handwerks. In diesem Jahr schien sich das Augenmerk zum einen erneut auf die Technik zu richten, weniger im Sinn raffinierter Kombinatorik denn im Zusammenhang mit verborgenen delikaten Potenzialen - ein Magnetverschluss etwa, der wie mit unsichtbarer Hand führt.

Wie aber Überfeinerung und Beliebigkeit begegnen, mag man sich fragen. Die prämierte Kirschkommode, so der Juryvorsitzende Carlo Baumschlager vom renommierten Architekturbüro Baumschlager-Eberle, verkörpert ein Gegengewicht: "Die Besinnung auf die Qualitäten der Region. Nie wörtliches Wiederholen, sondern Heben und Entfalten der Potenziale, die das Schaffen hier seit langem auszeichnet: hochentwickeltes Materialgefühl, sicheren Sinn für Gliederung und Proportion und dann in der Umsetzung: handwerkliche Meisterschaft - und Witz." Oder derselbe in anderen Worten: "Was wir brauchen, ist produktiv verstandene Bodenhaftung."

Gerade diese Stärke zeigt die Auswahl: ein Ambiente wechselnden Kontexts - "einzigartig", so die Wiener Kunstvermittlerin Gabriela Steiner-Scharfetter, unterwegs zwischen den alten Häusern "und in der Design-Szene alleinstehend, dafür lohnt sich der weite Weg." (Florian Aicher/Der Standard/rondo/30/10/2009)