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Bauhaus in Weimar: Zahlreiche Ausstellungen, Symposien, Filmvorführungen und diverse Events runden das Jubiläumsjahr in Weimar und Umgebung ab.

> Kandinsky – Gemälde, Zeichnungen und Druckgraphik, Stadtmuseum & Kunstsammlungen der Stadt Jena, bis 22. November 2009

> Das Bauhaus am Kiosk – "die neue linie". Wie Moholy-Nagy und Bayer als Grafik-Designer Medien-Geschichte schrieben – respektive zeichneten.

> Bauhaus-Museum, Weimar, bis 8. November

> Feininger und das Bauhau, Weimar – Dessau – New York, Kunsthaus Apolda, bis 20. Dezember 2009, www.bauhaus2009.de

Foto: Jens Meyer/AP

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Das Pauschalangebot "90 Jahre Bauhaus - Bauhausarchitektur in Dessau" mit einer Übernachtung, Eintrittskarten und einem Drei-Gänge-Menü ist für EURO 99,- pro Person im DZ bei der Tourist-Information Dessau-Roßlau buchbar, Tel.: 0049/340/204 14 42.

Foto: Jens Meyer/AP

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E-Mail: touristinfo@dessau-rosslau.de, www.dessau-rosslau.de. Die Stiftung Bauhaus Dessau bietet Führungen im Bauhausgebäude, den Meisterhäusern und Exkursionen zu den Bauten der klassischen Moderne an.

Foto: Jens Meyer/AP

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Von April 1919 bis März 1925 blieb das Bauhaus in der Klassikerstadt Weimar.

Hier kontrollieren Techniker im Bauhaus Museum in Weimar die Bildtafeln des begehbaren Bild-Panoramas.

Weitere Informationen zu Führungen und besonderen Programmen im Jubiläumsjahr finden Sie unter: www.bauhaus- dessau.de.

Foto: Jens Meyer/AP

Drahtrechtecke sind zu sehen und dekorative, schwarze Eisenpunkte, die zugleich Verschweißungen sind. Ästhetisch fein gesetzte Interpunktionen der konstruktionsbedingten Logik sind sie sowieso. Doch den Zaungästen, die in diesem Jahr zahlreicher als sonst an der Weimarer Adresse Am Horn 61 auftauchen, wird noch mehr geboten.

Blickt man durch die großzügigen Öffnungen des Gitterzauns, der Deutschlands ältesten Bauhaus-Bau umläuft, dann geht das Spiel der Rechtecke erst so richtig los. Einen ungewöhnlichen erhöhten Mittelraum machen Architek-turkenner dann aus, durch den viel Licht in Georg Muches Bau strömt, und der später trotzdem nie wieder von Bauhaus-Architekten aufgegriffen worden war. Um einen Pflichtstopp im Rahmen jeder Thüringen-Reise handelt es sich hier allemal. Denn das Haus Am Horn aus 1923 ist nicht nur Weimars bekanntester Bauhaus-Bau, sondern auch der einzige. Ein Meilenstein der Wohnarchitektur, berühmt zugleich für seine im Kontext zum Park gesetzte Gartenarchitektur. Bloß das Herbstlaub will sich im Moment nicht so recht daran halten, gleitet sachte an den Rechtecken vorbei. Rostrote Lappen und Ahorn-Dreiecke tanzen vor kräftig blauem Himmel. Als ob der Oktoberwind in ein Kandinsky-Bild gefahren wäre, die bauhäuslerische Farb- und Formenlehre zerzausen möchte. Rot. Blau. Gelb. Das schon. Doch Bestand hat das Bild, das die fallenden Laubblätter auf den Rasen pinseln, nicht. Was Dreieck sein darf, und ob herbstliches Gelb oder doch schon Morgenfrost-Röte dominiert, all das richtet sich nach den Launen der Witterung.

German-Indian Summer in Weimar. Kein schlechter Zeitpunkt, um hier ein wenig mit dem Bauhaus zu feiern. Eine Destination für Kunstinteressierte ist die Stadt in Thüringen bereits auch so. Goethes Geheimratsecken, Schillers Satzbau, das Schaukeln der Bauhaus-Wiege – es sind durchaus vertraute Kategorien, nach denen deutsche Geisteshelden mit Wohnort Weimar stets auch formales Chaos zu bändigen suchten. Und das gilt schon gar für das Jubiläumsjahr 2009, wenn Thüringens schmucke Kultur-Schatulle die Geschichte der gefühlvoll komponierten Bauhaus-Rechtecke stärker in den Vordergrund rückt als üblich. Der Grund dafür ist zwingend: Weimar feiert 90 Jahre Bauhaus.

Hier ging es los! Genau betrachtet verdankt es Weimar ja dem Belgier Henry van de Velde, dass die Stadt zu einem Brennpunkt der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts wurde. Denn van de Velde, damals Leiter der Weimarer Kunstschule, zugleich eine Art Missing Link zwischen Jugendstil und Moderne, berief Walter Gropius als Nachfolger nach Weimar, leitete so die Zäsur ein. Mit dem Amtsantritt gründete Walter Gropius am 21. März 1919 das "Staatliche Bauhaus" – Geburtsstunde der einflussreichsten Gestaltungshochschule des 20. Jahrhunderts. Hier begannen die Karrieren von Oskar Schlemmer, Lyonel Feininger, Paul Klee, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, László Moholy- Nagy und vielen anderen. Vor allem aber thematisierte die radikale Bewegung eines der großen Themen der Industrialisierung – nämlich die Entfremdung von Werk und Arbeit – auf seine Weise: Das Verschmelzen von Kunst, Handwerk und Technik zu gestalterischen, aber auch sozialen Konzepten beeinflusste die Architektur und Formgebung eines ganzen Jahrhunderts.

Klar: Die bekannteren Bauten finden sich in Dessau-Roßlau, im Osten Sachsen-Anhalts, wohin das Bauhaus nach nur sechs Weimarer Jahren zog. Keineswegs freiwillig, wenngleich die größere Nähe zur Industrialisierung durchaus willkommen war. Das von Walter Gropius entworfene Dessauer Bauhausgebäude und die Meisterhäuser, die Wohnsiedlung Törten mit 314 Reihenhäusern, ferner die nahegelegenen Lutherstätten in Wittenberg und das Gartenreich Dessau-Wörlitz – in großer Dichte veranschaulicht sich hier ein revolutionäres Gesamtkunstwerk. Doch Weimar als Laboratorium, in dem vorausgedacht wurde, was in den weiteren Bauhaus-Stationen zur Entfaltung gelangte, weist durchaus seine Feinheiten auf. Um das herauszufinden, reicht vielleicht bereits ein flüchtiger Blick in die Mensa, der viel über die sozialen Aspekte des Bauhauses als Gemeinschaft erzählt. Kein Wunder, dass sich hier, am Schnittpunkt des Kochens und Essens sowie der Kommunikation die früheste originäre Bauhauseinrichtung findet. Verflüchtigt hat sich lediglich das Aroma der von Johannes Itten verordneten Mazdaznan-Diät – denn auch Essen wurde im Bauhaus ganz besonders konstruiert.

All das verbindet der "Große Weimarer Bauhaus-Spaziergang", der den wichtigsten frühen Experimentalstätten des Bauhauses mitunter ein hohes Maß an Intimität abringen mag. Auch schimmernde Rundungen spielen in die Komposition hinein. So etwa im Foyer des Hauptgebäudes der Bauhaus-Universität Weimar, die erst 1996, im Zuge des Unesco-Weltkulturerbe-Listings, den ursprünglichen Namen zurückerhalten hatte. Souverän wird da die geschwungene Jugendstiltreppe, vor allem aber Rodins Skulptur "Eva", von der personellen Klammer der Bauhaus-(Vor-)Geschichte in die Mitte genommen: nämlich den Büsten von Van de Velde und Walter Gropius.

Spannender als diese Versteinerung sind freilich jene Momente, in denen sich Bilder betreten, der Atem des damals Neuen unmittelbar spüren lassen: Das Nebentreppenhaus des zentralen Gebäudes, wo Herbert Bayer die Lehre einst als Wandgemälde umgesetzt hatte, wäre so ein Fall: Sie erzählen – in typischer Bauhaus-Manier – von der Schwere des Kreises und vom aufstrebend leichten Dreieck und geleiten Besucher Richtung oberer Atelieretage, wo ein anderer Großer die Nähe zur künstlerischen Avantgarde unterhielt: nämlich Paul Klee. Im Gropius-Zimmer ging man lieber über die bloße Rekonstruktion hinaus, schuf eine Art "Bauhaus back from Future". Denn manche der Möbel hätte Gropius hier das erste Mal gesehen. Sie kamen zeit seines Lebens nicht über die Entwurfsphase hinaus, wurden erst viel später – im Zuge des Bauhaus-Hypes der Achtzigerjahre – realisiert.

Rauten und Dreiecke

Aber auch Bauhaus Card und Bauhaus Reisepaket wurden maßgeschneidert. Erstere reicht über Weimar hinaus, erlaubt ausgedehntes Thüringer Bauhaus-Promenieren, das den Besuch einschlägiger Schauplätze inkludiert: Erfurts Bauhaus-Erbe rund um die Textilkünstlerin Margaretha Reichhardt, Jena mit seiner innovativen Glasindustrie und gleich drei realisierten Gropius-Bauten, die heuer sogar musikalisch untermalt werden, die Orte Gera und Gota – allesamt nur einen Freischwinger-Sprung weit entfernt.

Manche der Entwürfe verließen den urbanen Rahmen, bauten sich lieber inmitten jener Landschaft auf, die etwa Lyonel Feininger, der 1919 als erster Künstler von Gropius ans Bauhaus berufen wurde, im Zuge von ausgedehnten Fahrradtouren zu entdecken pflegte. Der Feininger-Turm in Mellingen ist so ein Fall. Dünne Stahlstreben in den Bauhaus-typischen Primärfarben bauen sich da viele Meter hoch auf, bilden Rauten, Dreiecke, aus denen weitere hauchdünne Striche in die Luft stechen. (Robert Haidinger/DER STANDARD/Printausgabe/10.10.2009)