Der Peloponnes, eine ganze Weile nach Agamemnon, der schönen Helena, Menelaos, Asklepios und auch Schliemann, denen es sich ganz wunderbar nachreisen lässt.

Foto: Aleksandra Pawloff

Null Fremdenverkehr, schlimmstenfalls am Abend ein Katamaran mit Russen,...

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die sämtliche Langusten in Rekordzeit mümmeln und in der Morgendämmerung wieder weg sind.

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Die alten Griechen waren selbstbewusste Frauen nicht so gewohnt, Klytämnestra war ein Albtraum. Erst muss sie ihren Mann Agamemnon nach Troja ziehen lassen, weil der von dort die schöne Helena zurückbringen und den feschen Paris strafen will. Doch als Agamemnon abgekämpft zurückkommt, bringt ihn Klytämnestra mit ihrem Lover Aigisthos um. Dennoch haben sie ihr ein riesiges Grab gebaut, unterhalb der Zyklopenmauer von Mykene, der Stadt Agamemnons, zu der das Löwentor (1200 v. Chr.) Einlass gewährt. Am späten Nachmittag ist es dort am schönsten, die Zikaden musizieren wie irre, Majoran und Salbei duften, ein leichtes Lüftchen steigt hoch aus der Ebene von Argos.

Der Peloponnes ist das wahre Griechenland, vergesst die Inseln. Die abgegriffenen Sagen des klassischen Altertums einpacken und an Ort und Stelle gegenseitig laut vorlesen. Agamemnons Grab liegt übrigens rund 400 Meter vor Mykenes Mauern, vom Athener Flughafen kommend ist es die erste Station auf dem zweifachen Weg in den Süden und in die Vergangenheit. Was als Bucht-Hopping gedacht war, entwickelt sich schnell zum Abenteuer mit Sonne und Sinn. Heinrich Schliemann, der vor 120 Jahren Mykene als erster Mensch der Neuzeit erblickte, muss ein glücklicher Mann gewesen sein. Wenn er auch der die Forschungstätigkeit glücklich ergänzenden Badetätigkeit entbehrte.

Auf dem Weg zur Küste folgt der heutige Wanderer am besten Schliemanns Spuren nach Tiryns, auch hier sollen Kyklopen die Mauern der Hügelfestung angelegt haben. Schliemann rühmte den Blick von dort oben, heute reißt er einen nicht mehr vom Quader. Die monströsen, fugenlos aufeinandergeschlichteten XXXL-Steine sollen Herakles, quasi den Hermann Maier des klassischen Griechenland, beherbergt haben, Kind des Zeus mit der seitenspringenden Alkmene.

Viel Schlaf und große Medizin

Im nahen Náfplion lässt sich das Geschaute verarbeiten. Die Burg Palamidi, von Venezianern errichtet, schwebt 229 Meter (Stiegen!) über dem Hafenstädtchen. In der ersten Hälfte des i i19. Jahrhunderts diente es als provisorische Hauptstadt des Königreichs Griechenland, regiert in der ersten Zeit von dem patscherten Wittelsbacher Otto I. Von Náfplion lässt sich Epidauros im Zentrum der Argolis bequem erreichen.

Am Nachmittag das Ausgrabungsfeld der Thermen, die dem Asklepios, Sohn des Apollo und Vaterfigur der Heilkunde, zugeschrieben werden. Das bevorzugte Methodebündel bildete Hypnose, viel Schlaf und (ganz große Medizin!) der Besuch eines Theaterstücks im benachbarten Amphitheater. Dort wird bis heute ein international renommiertes Programm geboten.

Im Auge des Schafes

In den Tagen danach westwärts über die Ebene von Arkadien, ungefähr bei Tripolis abbiegen Richtung Süden ins Parnon-Gebirge, hinein nach Lakonien. Durch die Kinoúria-Bergdörfer, über Hochebenen, wo die Schafherden genau wissen, wie schön es bei ihnen zu Hause ist, und den Autofahrer herablassend mustern. Das Grab der schönen Helena liegt auf einem Hang vor Sparta. Heute ist nicht mehr ersichtlich, warum die Griechen ihretwegen den Trojanischen Krieg vom Zaun brachen.

Ihr Grab ist eine unansehnliche Anhäufung von in Ehren ergrauten Quadern, der Palast ihres Mannes, des Spartaners Menelaos, ist unauffindbar. Von dort oben ist der Blick auf die Kämpferhochburg Sparta aufregender als schließlich die Stadt selbst. Sie wurde vom bayrischen Philhellenen Ludwig I., dem Vater Königs Otto I. von Griechenland, im 19. Jahrhundert renoviert. Die Ausgrabungen sind bis auf das (weitgehend verfallene) Amphitheater unbeschildert und unaufregend, die Statue des Helden Leonidas erinnert in Stil und Haltung an Oscar von Hollywood.

Das Kloster von Mystrás hingegen rechtfertigt Interesse und Eintrittspreis. Von der Festung aus sieht der Wanderer die Symbiose klassischer, byzantinischer, venezianischer und mittelalterlicher Baustile und meditiert über den Unterschied im Ruhm zwischen den Raufbolden und den sklavenmäßig gehaltenen Periöken, die das Tal kultivierten.

Lakonien läuft in zwei fast menschenleere, idyllische Finger mit Bewegungsraum für naturnahe Gestalten aus. Im Osten liegt der Felsquader von Monemvasia, früher diente seine Festung den Venezianern, Türken, Byzantinern und Griechen, heute dient es als Ausgangspunkt für Entdeckungen von winzigen Fischerdörfern, die jeder selbst finden soll. Nur so viel: keine Straße, ein befestigter Damm, keine Fremdenzimmer, selbst gemachtes Olivenöl, leere Wohnungen können gemietet werden, falls man den Einheimischen sympathisch ist. Null Fremdenverkehr, schlimmstenfalls am Abend ein Katamaran mit Russen, die sämtliche Langusten in Rekordzeit mümmeln und morgens wieder weg sind. Nur die Müllsäcke sind noch da und das Trinkgeld. (Johann Skocek/Der Standard/rondo/17/07/2009)