Ja, Teufelskerle waren wir.

Foto: Der Standard

+++Pro
Von Sigi Lützow

Herr Bademeister hieß er, schön war er, sportlich und streng, die Aushilfskraft im Jörgerbad. Seiner geliehenen Macht allzu bewusst. Ein Jäger in kurzen Hosen und Muskelshirt, die fleischgewordene Herausforderung. Und man prüfte ihn, Nachmittag für Nachmittag. Eine Gruppe Unerschrockener, bereit, die Konsequenzen zu tragen für ihr regelwidriges Tun. Freilich konnte Herrn Bademeisters Auge nicht überall sein, also wurde vom Beckenrand gesprungen, einmal links, einmal rechts, dass es eine Freude war, wurden die Blöcke gemieden. Verwarnungen wurden kassiert wie Auszeichnungen: "Burscherl, beim nächsten Mal bist du draußen", sagte Herr Bademeister. Ein Pfeiferl stand ihm nicht zu Gebote, die Stammgäste hatten sich beschwert, wegen des ständigen Lärms. Also zerspragelte sich Herr Bademeister, Nachmittag für Nachmittag, und in der schwülen Luft des Jörgerbades lag ein Hauch von Anarchie. Eines Tages war er verschwunden, der Herr Bademeister, gebrochen wohl ob seiner Machtlosigkeit. Ja, Teufelskerle waren wir.

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Contra---
Von Renate Graber

Festgesetzt haben sich die Bilder in meiner Erinnerung wie Kalk an der türkisen Bassinwand. Zuerst tiefes Tröten, das uns zum Wellenbecken rief. Die Hierarchie daselbst war unverrückbar: im Seichten die Kleinen und die hasenfüßigen Beckenrandschwimmer. Im Nur-für-Schwimmer-Tiefen die Mutigen, die den - wie mir damals schien: meterhohen - Wellen ohne Boden unter den Füßen trotzten. Dann, eine kurze Unaufmerksamkeit des Badewaschels nützend, geschah es. Gekonnt köpfelte ein Verwegener vom Beckenrand in die Wellen. Wurde, begleitet von markerschütternden Trillerpfeiferltönen, vom empörten Badewart (bis heute weiß ich nicht, ob Badewascheln sprechen können) an den Ohren herausgezogen und des Beckens verwiesen. Seine Freunde aber auf der Wiese hinten, das sah ich genau, feierten ihn: Held des Tages. Schwimmbadanarchie? Vorschriften missachten? Meine Freunde und ich, wir braven Beckenrandschwimmer, wir haben uns das nie getraut. Auch später nicht. Wir gefährden doch keine Beckenrandschwimmer. (Der Standard/rondo/03/07/2009)