Jimmy Page von Led Zeppelin verlässt sich inspirationsmäßig auf Sour Mash aus Tennessee - inzwischen gibt es aber längst auch hochklassigen Whisky vom europäischen Festland, etwa aus dem Waldviertel.

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Als Österreich 1995 der EU beitrat, brach für Johann Haider aus Roggenreith im Waldviertel eine wundersame Zeit an. Um mit seinem kleinen Hof überleben zu können, begann Haider aus Milch Whisky zu machen. Der Bauer hatte hauptsächlich von der Milchwirtschaft gelebt. "Aber mit 40 Kühen war nicht mehr daran zu denken, traditionelle Landwirtschaft mit so einem kleinen Hof zu betreiben. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen." Haider erinnerte sich an die alten Wander- und Hofbrennereien. Diese Tradition wollte er wiederbeleben und um ein neues exotisches Produkt, den Whisky, erweitern.

"Wer einen guten Brand machen kann, der kann auch Whisky brennen", dachte sich Haider und begann Fachbücher zu lesen und zu experimentieren. Drei Jahre lang ging er in Lehrzeit. Ab 1997 stellte sich sukzessive der Erfolg ein. "Am Anfang sind wir natürlich belächelt worden", erzählt der heute 54-Jährige. "Whisky im Waldviertel? Lächerlich, hat man uns gesagt." Heute hat Haider das Lachen. Rund 10.000 Liter Obstbrände produziert er auf seinem von der Familie betriebenen "Roggenhof" im Jahr, und 26.000 Liter "Waldviertler Whisky" in fünf Sorten, darunter die aus gemälzter Gerste gebrannten Single Malts und Pure Single Grains aus Roggen. Rund 80 Prozent der Produktion verkauft Haider direkt ab Hof, dem auch eine Gastronomie und eine "Whiskyerlebniswelt" für Besucher angehören.

Waldviertler Single Malt

Haider war der Erste in Österreich, der Malt zu brennen begann. Mit Hans Reisetbauer, dem ehrgeizigen Edelbrenner aus Axberg, folgte 1996 der Zweite. Anders als in Deutschland, wo sich in der Schwäbischen Alb gar eine Whisky-Region entwickelte, blieb die österreichische Szene relativ überschaubar. Heute ist das Brennen von Whisky außerhalb der traditionellen Produktionsländer wie Schottland, Irland und den USA längst weniger exotisch, als man denken mag. Heute muss es nicht immer Malt aus der Speyside oder aus Kentucky sein.

Längst werden in vielen europäischen Ländern Whiskys gebrannt, bei denen durchaus raffiniert auf lokale Besonderheiten und die Ausbildung regionaler Charakteristika hingearbeitet wird. Der Boom unter den Produzenten zehrt vor allem von der Popularisierung des Single Malt, der ab Ende der 1980er-Jahre terroirspezifische Ausprägungen betonte. "Die Hersteller auf dem Festland haben in den vergangenen zehn Jahren sehr viel gelernt", sagt der Whisky-Experte Walter Schobert. "Zwar wird bei den Wenigsten mit klassischen Brennblasen gearbeitet, eher mit Apparaturen für die Obstbrennerei. Aber das Wissen und die Technik stimmen meistens. Zudem weiß man nun endlich, dass es auf die Lagerungszeiten und das Alter und die Art der Fässer ankommt."

Wer an die klassischen schottischen Malts gewöhnt ist, könnte bei den eigenwilligen Festland-Malts mitunter von einem mittelschweren Kulturschock getroffen werden. Denn typisch für viele Festland-Whiskys ist der starke Beigeschmack der Maische. Zudem erinnern sie nicht selten an Obstbrände. Haider beispielsweise sieht die Andersartigkeit und Experimentierfreudigkeit mitunter als Vorteil gegenüber den häufig in riesigen Mengen produzierten Insel-Whiskys. "Wir bringen eine gewisse Ursprünglichkeit und Exotik auf den Markt zurück, die vor allem die Entdecker unter den Whisky-Fans freut. Konkurrenz können und wollen wir den Schotten mit unseren Mini-Produktionszahlen ja ohnehin nicht machen. Ich kenne aber viele, die uns als Bereicherung für einen Markt sehen, der nach neuen Kreationen schreit."

"Blaue Maus" oder "Grüner Hund"

"Einige von den Destillerien, die man in der Schweiz und speziell in Österreich findet", schreibt der Whisky-Papst Jim Murray, "erinnern an die Highlands vor 200 Jahren oder an Virginia, Pennsylvania und Kentucky aus der gleichen Zeit, als Farmen ihre eigene Brennerei hatten, um ihre Getreide-Überproduktion zu verarbeiten. Und genau wie diese embryonalen Destillerien aus dem frühen 19. Jahrhundert machen sie Whisky aus dem Getreide, das sie zur Verfügung haben. Das waren Destillerien, bei denen das Land und der Geist eins waren."

Eine dieser Kleinst-Destillerien ist auch die von Robert Fleischmann, der seit 1983 im fränkischen Eggolsheim neben Obstbränden Whisky und Single Malt mit solch illustren Namen wie "Blaue Maus", "Grüner Hund" oder "Schwarzer Pirat" produziert. 300 Liter reinen Alkohol darf der Familienbetrieb nach deutschem Brennrecht pro Jahr herstellen. Fleischmann, der ein großer Fan der Seefahrt ist, hat es mit seinem "runden und milden, intensivem Malt" (Schobert) in der Szene zu einiger Bekanntheit gebracht. "Ich habe das mit dem Whisky aus Spaß und Interesse begonnen", erzählt der Pionier. "Wir hatten keinen Druck und genug Zeit, um auszuprobieren, zu üben, die Technik zu verfeinern und schließlich einen guten Whisky zu machen." Die Schotten, sagt er selbstbewusst, habe er dazu nicht gebraucht. (Ingo Petz/Der Standard/rondo/27/02/2009)