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Wer blühende Ringelbumen hat, weiß außerdem immer, ob's regnen wird.

Foto: APA/dpa/Theophrastus

Heuer begehen wir beispielsweise das Jahr des Braunbrustigels und der Echten Rentierflechte, der Erbse, der Dreiecksspinne und der Funkie sowie der Ringelblume und des Europäischen Aals. Mit von der Partie sind des Weiteren der Fenchel, das Alpine Steinschaf, der Blaue Rindenpilz und die Gemeine Wegwarte - um nur ein paar weitere Pflanzen und Tiere des Jahres zu erwähnen, die unter dem zusammenfassenden Titel "Natur des Jahres" gesteigerte mediale Aufmerksamkeit erfahren sollen.

Verantwortlich für die Vergabe der Titel in mittlerweile an die 30 Kategorien sind die nationalen europäischen Naturschutzbünde, wobei Deutschland im Jahr 1971 dankenswerterweise den Ankick gab: Damals ernannte man den Wanderfalken zum allerersten "Tier des Jahres", um die geschätzte Allgemeinheit auch medial auf die Gefährdung dieses prachtvollen und damals aus den Luftrevieren der Bundesrepublik fast verschwundenen Greifvogels aufmerksam zu machen.

Dessen katastrophaler Populationsrückgang war, wie man heute weiß, auf die großflächige Verwendung des Insektizids DDT zurückzuführen, das nicht nur landwirtschaftliche Schädlinge ums Eck brachte, sondern sich auch negativ auf die Schalendicke der Falkeneier auswirkte. Sprich, den armen Falkentieren zerbrachen die Eier sozusagen unter dem eigenen Brustgefieder. DDT wurde Anfang der 70er-Jahre großräumig verboten. Die Wanderfalkenpopulation, die 1975 etwa in Deutschland auf bedenkliche 50 Brutpaare geschrumpft war, konnte sich seither europaweit erholen. Die eleganten Flugjäger gelten als nicht mehr gefährdet, sie haben bekanntlich als Felsbrüter die Städte als neue Reviere entdeckt und werden sogar gezielt zur Taubenpopulationskontrolle eingesetzt.

Orchidee des Jahres

Im Laufe der Jahrzehnte kamen, wie gesagt, eine Menge weiterer Natur-des-Jahres-Kategorien dazu. Die spannen sich mittlerweile über ein fast schon unüberblickbares Spektrum - von der Orchidee des Jahres über Landschaft, Wasserpflanze bis hin zur gefährdeten Nutztierrasse des Jahres.

Warum schreiben wir das alles hier? Weil wir finden, dass jede einzelne Kategorie wert ist, aktiv genauer betrachtet und studiert zu werden. Wer hätte zum Beispiel gewusst, dass die Würfelnatter, das Reptil des Jahres 2009, akut vom Aussterben bedroht ist? Erstens, weil man sie ihrer Lebensräume in Form unregulierter Fluss- und Aulandschaften beraubt. Zweitens, weil unaufgeklärte Blödiane nach wie vor zum Prügel greifen und Schlangen ermorden, weil sie die unbegründete Angst vor diesen Prachtviechern packt.

Doch es gibt auch Gutes zu berichten: Wenigstens das Tagpfauenauge, als Schmetterling des Jahres, ist einer der Gewinner des sich abzeichnenden Klimawandels. Und auch im eigenen Garten wird man die eine und andere Pflanze des Jahres entdecken - heuer beispielsweise die Ringelblume als "Blume des Jahres".

Heilende Kräfte

Die ist in ihrer wilden Acker-Variante ebenfalls bereits selten geworden, erfreut sich aber in Gärten wieder zunehmender Beliebtheit. Denn erstens ist sie sehr einfach zu ziehen, zweitens blüht sie unermüdlich und sehr schön, drittens wohnen ihr allerlei heilende Kräfte inne, was zig Generationen vor uns bereits anzuwenden wussten.

Kleiner Hinweis am Rande: Wer blühende Ringelbumen hat, weiß außerdem immer, ob's regnen wird. Die Blüten schließen sich, bevor das Wetter aufzieht. Die Natur muss studiert werden, alle Jahre wieder. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/16/01/2009)