Die Küche bietet, wie an den "Maze"-Standorten London und New York, französische Hochküche.

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Mit dem "Maze" in Prag gibt es erstmals ein Lokal von Koch-Superstar Gordon Ramsay, das auch aus Österreich gut anzusteuern ist.

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Severin Corti aß im "Maze Prague" und war durchaus beeindruckt.

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Gordon Ramsay hat bereits zwölf Michelin-Sterne auf der geschwellten Brust und darf sich mit Restaurants in Großbritannien, den USA, Frankreich, Irland, Japan und Dubai als einer von wenigen wirklich internationalen Küchenstars fühlen. Seit heuer gehört auch unser Nachbarland Tschechien dazu. Im Prager Altstadt-Hilton hat Ramsay einen Ableger seiner "Maze"-Linie eröffnet, die klassisch französische Hochküche in kleinen Portionen und zu vergleichsweise kleinen Preisen bietet. Weil Ramsay weiß, was von ihm erwartet wird, forderte er gleich bei der Antrittspressekonferenz, noch bevor der erste Bissen gekostet war, gleich einmal einen Michelin-Stern von seiner Crew (aber auch den Testern) ein.

Die vollmundige Art des gebürtigen Schotten kennt man inzwischen auch hierzulande - dank seiner TV-Serie "In Teufels Küche" (Vox). Da lernt man den Koch-Superstar mit dem dramatisch zerfurchten Gesicht und der blondierten Wirrfrisur als Küchenzampano mit akutem Tourette-Syndrom kennen, der jede Woche aufs Neue einen erfolglosen Koch zur Schnecke und mittels massivem Schimpfworteinsatz klarmacht, dass er stets der Einzige im Raum ist, der recht hat.


Durch seine harte Schule

Wobei: Der Mann kann außergewöhnlich gut kochen. Seine Speisekarten mögen oft bis zur Beliebigkeit klassisch und konservativ klingen - am Teller geht dank aberwitziger Sorgfalt bei der Zubereitung und gefühlvoll abgeschmeckter Saucen richtig die Post ab. Zwar steht Ramsay inzwischen nicht mehr selbst am Herd, die Köche in den zahlreichen Filialen aber sind ausnahmslos durch seine harte Schule gegangen.

Auch im Prager "Maze", das in einen besonders seelenlosen Hotelkomplex am Rande der Altstadt gesetzt wurde, ist von Ramsay selbst nichts zu sehen. Dafür sieht das Restaurant innen entscheidend besser aus, als die triste Hotelfassade glauben macht: Ein Saal im klassischen Brasserie-Stil, mit Marmor und vielen Spiegeln, mit langer Bar, coolen 1950ies-Lustern, reichlich Samt und Leder und gestärkter weißer Tischwäsche. Abends macht das ordentlich was her, zu Mittag fühlt man sich in dem fensterlosen Raum doch ein wenig eingebunkert - vor allem, wenn sonst ausschließlich Personal zugegen ist.

Die schwache Buchungslage verwundert, denn das Essen ist alles andere als fad. Die maßvollen Preise (auch im Vergleich zu Wiener Adressen derselben Kategorie) sollten eigentlich Touristen anlocken, die sich eine Auszeit von gefüllten Erdäpfelpuffern, brotigen Knödeln und anderen angeblich original böhmischen Fettschwämmen gönnen wollen. Das dreigängige Mittagsmenü um 600 Kronen (24,50 Euro) bietet bei jedem Gang zwei Wahlmöglichkeiten. Es setzt sich eher nicht aus den ganz teuren Grundstoffen zusammen, verblüfft aber durch jene Brillanz in der Ausführung, für die Ramsay von jeher steht.

Bonbons vom Schweinshaxl

Brandade vom Klippfisch etwa packt das tolle Aroma des eingesalzenen Kabeljaus in eine samtene Creme, die man mit getoastetem Roggenbrot auftunkt - sehr gut und erstaunlich handfest für diese Art von Hotelrestaurant. Pochiertes und gebratenes Hendlfilet zum Hauptgang mag elend fad klingen - so saftig und löffelweich, wie es "Ramsay Chef in Residence" Philip Carmichael hinbekommt, wird es zum Erlebnis. Dazu satte, schmelzige Foie-gras-Sauce und Wirsing mit knuspriger Pancetta: Bei solchem Essen darf draußen ruhig der Nebel hängen.

Auf der Standardkarte geht es dann richtig zur Sache. Gesottene Ochsenzunge als warmer Salat mit knusprig frittierten, mit Sternanis aromatisierten Schweinsfuß-Bonbons, cremigem Kapernsalat und einer Vinaigrette auf Basis einer Schmorsauce ist eine richtig muskulöse Vorspeise, exakt abgeschmeckt, mit schönem Spiel der verschiedenen Texturen. Der außen knusprige, innen zart glasige Heilbutt bekommt Petersilien-Muschelragout von exquisiter Meeresfrische als Unterlage verpasst, auch sehr gut. Das dazu servierte, weitgehend geschmacklose Hummerrisotto stinkt im Vergleich dazu aber ab.

Was, leider, gar nicht stinkt, ist die kühlschrankkalte Auswahl kaum gereifter, französischer Käse - samt und sonders Dutzendware wie Morbier, St. Maure oder der in der Hauptsache fettige Brillat-Savarin: keine Empfehlung. Auf der Weinkarte finden sich zwischen dem für Hotel-Luxusrestaurants üblichen Querschnitt der großen Weinregionen der Welt auch ein paar österreichische Flaschen sowie einige durchaus interessante mährische Winzer. Die Preise sind hier, im Gegensatz zur Speisekarte, aber ziemlich prohibitiv kalkuliert.

Fazit: In der von Österreich aus nächsten Restaurant-Filiale des Weltstars unter den Edelköchen lässt es sich gut aushalten. Sehr sorgfältig fabrizierte Hochküche, das Ambiente kaschiert den seelenlosen Hotelkomplex, der rundherum wuchert, auf durchaus geschickte Art. (Severin Cort/Der Standard/rondo/31/10/2008)