Trüffelmarkt in Montiglio: dicke Pilze, gute Preise, aber fast nur einheimische Kunden. Das Piemont bietet auch außerhalb von Alba erst-klassige (und deutlich günstigere) Ware - heuer ganz besonders!

Foto: Georg Desrues

"In Alba selbst gibt es gar keine Trüffeln", sagt Sandro. "Die kommen alle aus der Gegend hier, aus dem Monferrato, den Langhe oder dem Roero", zählt der Trifulau - wie Trüffelsammler auf Piemontesisch heißen - die drei Hügelgebiete des Piemonts auf. Während in der selbst ernannten Trüffel-Hauptstadt Alba schon seit Anfang Oktober Prominente aus aller Welt eintrudeln, werbewirksam an den unförmigen Knollen schnüffeln und sich - wie schon die Monroe oder Winston Churchill - großzügig mit Trüffeln beschenken lassen, feiern kleinere Gemeinden zur gleichen Zeit weniger exklusive Trüffelfeste - etwa die Fiera del tartufo in Montiglio Monferrato, wo Sandro einen Stand aufgebaut hat.

In der malerischen Stadt, nördlich von Asti hoch auf einem Hügel gelegen, wimmelt es an diesem Tag von Besuchern. Trotzdem ist weit und breit kein Tourist zu sehen. "Die zwängen sich gerade durch die Straßen von Alba, versuchen Fotos von Promis zu schießen und betteln darum, sich ausnehmen zu lassen", mokiert sich Sandro weiter. Tatsächlich ist der Promifaktor in Montiglio eher gering - an diesem Wochenende besteht er konkret aus fünf Miss-Italia-Anwärterinnen aus der angrenzenden Region Valle d'Aosta. Die pflanzen sich in Stöckelschuhen und Hotpants hinter den Trüffel-Tischen auf oder tanzen den schnurrbärtigen Herren der örtlichen Blasmusik etwas vor. Die wahren Stars sind ohne Frage die Trüffeln. Die versammelten Experten sind überrascht von Größe und Geschmack der präsentierten Exemplare - dass sie so früh im Jahr mit tollem Duft und Größe vorhanden sind, wird als vielversprechendes Zeichen gewertet.

Ab 2500 Euro/Kilo geht's los

"Das wird endlich wieder ein gutes Jahr", sagt Sandro, "der Sommer war feucht, der Herbst trocken - so haben die Trüffeln es gerne." Auf die Frage, ob denn ein Unterschied bestehe zwischen den hier gebotenen Pilzen und jenen in Alba, erklärt er: "Sicher - der Preis!" Ab 2500 Euro pro Kilo ist man dabei, für seine schönsten Exemplare, die durchaus die Größe einer Kinderfaust erreichen, will Sandro natürlich mehr. Im 60 Kilometer entferntem Alba liegt der Preis allerdings bei 4000. "Aber so richtig gut werden sie erst nach der ersten Kälte, in rund zwei Wochen", verrät Sandro. Bis dahin würde auch der Preis noch fallen. In Alba werden sie stets teurer bleiben als in den umliegenden Gemeinden.

Dass die Kleinstadt - und nicht etwa das mehr als doppelt so große Asti - zur Trüffelhauptstadt wurde, ist einem einzigen Mann zu verdanken: dem Hotelier und Gastwirten Giacomo Morra. Diesem fiel nicht nur die Bezeichnung "tartufo d'Alba" ein, er hatte auch schon in den 1950er-Jahren die zündende Idee, jedes Jahr einen Prominenten einzuladen und diesem einen der größten Pilze zu überreichen. Das lockte zunächst die Medien, danach kaufkräftige Touristen an.

Als man damals auch in Asti ein Trüffelfest organisieren wollte, fuhr Morra vorab hin und kaufte alles auf, was die örtlichen Hunde erschnüffelt hatten. So kam es, dass die Augen und Nasen der Welt sich bis heute nur auf Alba richten. Und das, obwohl es im ganzen Piemont von Oktober bis Anfang Dezember nur so wimmelt von Festivitäten, Messen und Märkten rund um den Schlauchpilz. Allein in der Provinz Asti findet heuer noch mehr als ein Dutzend statt. (Georg Desrues/Der Standard/rondo/24/10/2008)