Moderne Einrichtung, gekonnte Küche.

Foto: Majken Corti

Aus dem entlegenen Wirtshaus wurde ein ziemlich erwachsenes Restaurant.

Foto: Majken Corti

Westlich von Zwettl wird die Straße, die nach Arbesbach und weiter ins oberösterreichische Mühlviertel führt, immer kurviger. Sie muss den massiven Granit-Findlingen und Wackelsteinen ausweichen, die hier, am Waldviertler Hochplateau, haufenweise herumliegen. In eine abgeschiedene, entrische Gegend ist Michael Kolm heimgekehrt, nachdem er sieben Jahre bei Markus Mraz, dem Avantgardisten der Wiener Restaurantszene, gekocht hatte.

Das Gasthaus Kolm liegt außerhalb des Ortes, es wurde 1709 erstmals erwähnt. Davon merkt man seit dem Neubau, der das alte Gasthaus vor zwei Jahren ersetzte, aber nichts mehr. Ein halbrunder Bau mit großen Fenstern und neumodischer Restauranteinrichtung steht da am Waldrand. Gleich hinter dem Parkplatz ist die Attraktion, für die Familien und Ausflügler seit ein paar Jahren auch von weiter her kommen: Ein großes, von Tierschützern errichtetes Gehege, in dem mittlerweile sechs Braunbären untergebracht sind, die zuvor als Zirkustiere oder Tanzbären geschunden wurden und hier ihr Gnadenbrot bekommen. Das Gasthaus heißt seitdem "Bärenhof". Die Küche des Juniorchefs aber wäre auch so einen Umweg wert.

Gebackenes Ei auf Caesar Salad

"Arbesbach hat sechs Wirtshäuser mit ordentlicher Küche", sagt Michael Kolm, "da wird man in Sachen Schnitzel und Schweinsbraten gut bedient." Das gebe ihm spielerischen Freiraum, auch jene Speisen auf die Karte zu setzen, die dem Klischee ländlicher Wirtshausküche kaum entsprechen, in denen er sein Können aber einbringen könne. Das "gebackene Ei auf Caesar Salad mit Beinschinken" etwa ist so ein Gericht, bei dem cremiger Dotter, knusprige Panade, saftiger Schinken und Salat mit fein abgestimmtem Dressing eine ziemlich urbane Kombination eingehen: geradlinig, leicht, geschmackvoll und durchaus inspiriert. "Rollmops vom Roastbeef" schmeckt entscheidend besser, als er klingt. Dafür werden Rucola und allerhand Sprossen in eine nicht zu dünne Scheibe Beiried gewickelt und mit besonders guter Dijonsenf-Mayonnaise gewürzt.

Die Topinamburcremesuppe ist souverän abgeschmeckt und angenehm leicht, die Flusskrebse als Einlage stören aber bloß - weitgehend geschmackfreie Proteinflummis aus der Salzlake. "Reisfleisch vom Almoxen mit gebratenen Riesengarnelen" mag gefährlich klingen, tatsächlich macht die Kombination aus klassischem, würzigen Reisfleisch mit mürb geschmortem Rind und den präzise gebratenen, hoch aromatischen Garnelen richtig Freude, das komplex gewürzte Chili-Knoblauch-Saftl dazu ist überhaupt fantastisch. Auch sonst arbeitet sich Kolm durchwegs erfolgreich an einer Neuinterpretation lokaler Gerichte ab, an knusprig gebratenem Karpfen etwa, der mit scharfer Blunzensauce serviert wird, oder einer wunderbaren Cremeschnitte vom Bauerntopfen mit Vanille und Beeren-Minzsalat.

Dazu gibt es ein beachtliche Weinkarte, die auch richtig große, gereifte Gewächse (Chateau Palmer 1990, Vosne Romanée 1999) zu erstaunlich guten Preisen bereithält.(Severin Corti/Der Standard/rondo/05/09/2008)