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Man mag es kaum noch hören, das Mantra der drei I: Mehr Ideen + mehr Investitionen = mehr Innovation! Wie Ali Babas "Sesam öffne dich!" öffnet sich dadurch die Schatzkammer von Wachstum und Wohlstand. Alle Politiker schreiben es sich auf die Fahne: Die F&E-Quote soll von derzeit 1,9 Prozent auf 2,5 Prozent des BIP erhöht werden und in Deutschland sieht man gleich 250 Mio. Euro für den Ausbau von "Elite-Universitäten" vor. Die Unternehmen greifen es auf: So wollen laut einer BCG-Studie über 60 Prozent der 236 führenden globalen Unternehmen in 2004 stärker in Innovationen investieren.

Was oft vergessen wird: Wie entwickelt man kreative Köpfe? Die Fähigkeit, im Vertrauten Neues zu sehen und Neues zu schaffen, steckt in jedem. Es gilt, diesen Acker nicht zu überfluten, sondern bewusst zu säen. Um das Potenzial in Kunst, Wissenschaft oder Wirtschaft zu fördern, kommt es auf fünf Faktoren an:


1Synapsen: Steven Jobs spricht von der Kunst der Verknüpfung, von Ideen und Inhalten als Basis echter Innovation - Beispiel Überraschungsei. Doch diese Verbindungen müssen früh gelernt sein: Nach Erkenntnissen des Neurobiologen Ernst Pöppel haben sich bis zur Pubertät die neuronalen Muster gebildet, mit denen Erwachsene die Welt wahrnehmen - die "Matrix der Persönlichkeit". Je größer die Plattform, desto größer das spätere Reservoir.


2Spannung: Kreative leben meist in Spannungspolen zweier extremer Eigenschaften und Lebenssituationen. Sie vereinigen in ihrer Persönlichkeit Gegensätze wie Kooperativität und Wettbewerbsorientierung oder Naivität und Weltklugheit. Der Wechselmotor von Auszeiten und Konzentration nach innen mit Kommunikation, Informationsaufnahme von außen ist Quelle ihrer Kreativität.


3Spielraum - für Denken und Handeln: Neues braucht Platz, den Altes besetzt. Ein hochregulierter Arbeitsalltag ohne Raum für Gedankenspiele, gar Experimente wird neue Ideen, die Altes bedrohen, systematisch verhindern. Effizienz ist als Mittel zum Zweck nötig, als Selbstzweck und alleiniger Maßstab jedoch gefährlich. Und Kreativität ist ihr erstes Opfer.


4Streben: Wissen-Wollen und Entdeckerglück zählen zu den intensivsten Erfahrungen und Glücksmomenten. Neugier, Mut, Motivation und Fleiß sind die Voraussetzungen dafür. Kein großer Erfinder kommt ohne Fleiß und Leidenschaft aus - für die Sache, wohlgemerkt, nicht für das monetäre Ergebnis. Anerkennung und Anreizsysteme können diese bestenfalls stärken, nicht ersetzen.


5Stimmung: Angst vor dem Scheitern ist ein Haupthindernis für Kreativität im "narzisstischen Management". Erfolgszwang schafft Anpassungsdruck. Oft sind es erst Krisen, die helfen, aus alten Strukturen auszubrechen. Clayton Christensen, Autor des Klassikers Innovator's Dilemma lieferte uns seine "Innovator's Solution": Im großen, trägen Ganzen unbedingt kleine, subversive Einheiten schaffen und Experimentierfelder einrichten. In eingeschworenen Teams entsteht die Atmosphäre, in der Ideen Funken schlagen können, Resonanz finden, weitergesponnen, verworfen, verwandelt werden. Auf diese "Spark-Soup" kommt es an, folgt man Shira White, Autorin von New Ideas about New Ideas.

Bei aller Einsicht in die Bedeutung von Innovation für Wirtschaft und Gesellschaft bleibt die Grundspannung bestehen: Zwischen planbaren neuen Prozessen und ihren nicht-planbaren - kreativen - neuen Ergebnissen bleibt ein "magischer" Rest. Um den Acker in eine blühende Landschaft zu verwandeln, braucht man mehr als Bewässerung - die magische Mischung der "Spark Soup". (Der Standard, Printausgabe, 31.01.2004)