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Eiffelturm in Rot: Das Spektakel für Hu Jintao spendierte der Stromkonzern EdF - er hofft auf Aufträge in China.

Foto: APA/ EPA/ALFRED
Nach dem mit beispiellosem Pomp gefeierten Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten und Parteichefs Hu Jintao schlagen in Frankreich wie in Taiwan die Wellen der Empörung hoch. Gastgeber Jacques Chirac habe die Grenzen der Realpolitik überschritten, sagt die Opposition.

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Paris/Taipeh/Wien – Zwei taiwanesische Minister sagten am Donnerstag ihren für nächste Woche geplanten Besuch in Paris ab, der Regierungschef erklärte den vorläufigen Stopp wissenschaftlicher Austauschprogramme; wenig später folgte ein Protestkommuniqué von Präsident Chen Shui-bian: Frankreichs Staatschef Jacques Chirac habe sich in die inneren Angelegenheiten der Inselrepublik gemischt.

Der Hintergrund: Chirac hatte bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Hu Jintao in Paris das Vorhaben des taiwanesischen Präsidenten verurteilt, gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl Ende März auch ein Referendum über die Verteidigungsanstrengungen der Insel abzuhalten. Als "aggressiv" könne diese Abstimmung verstanden werden, erläuterte Chirac zum Wohlgefallen Hu Jintaos.

Denn Peking betrachtet das demokratische Taiwan nach wie vor als eine Provinz, die sich am Ende des Bürgerkriegs 1949 vom kommunistischen Regime abspaltete. In dem geplanten Referendum sieht Peking nun einen Versuch Taiwans, seine Unabhängigkeit darzustellen, und droht bereits mit militärischen Schritten. Ungeschminkter noch als US-Präsident George W. Bush folgte Frankreichs Staatschef der Position Chinas.

500 Raketen

"Chirac hat die Grenzen der Realpolitik überschritten", erklärte Jean-Marc Ayrault, der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, dessen Partei ebenso wie ein Teil des Regierungslagers den Auftritt Hu Jintaos in der Nationalversammlung am vergangenen Dienstag boykottiert hatte. Selbst der bürgerliche Figaro kritisierte Chirac. Der Staatschef habe ein Wort zu viel gesagt, kommentierte die Tageszeitung, sonst eine treue Stütze der Konservativen, am Donnerstag: "Um Hu Jintao zu gefallen, ist Chirac zu weit gegangen." Nicht Taiwans Referendum sei "aggressiv", sondern wohl die 500 Ra 4. Spalte keten, die China vom Festland aus auf die Insel richte.

Hu Jintaos Staatsbesuch, der am Donnerstag bei Airbus in Toulouse zu Ende ging – China Southern Airlines kaufen 21 A-320-Maschinen –, war von den Franzosen überhaupt mit Befremden aufgenommen worden: Chinas Präsident in der Nationalversammlung; der Eiffelturm rot erleuchtet, ganze Straßen im Quartier Latin für einen Spaziergang des Präsidenten geräumt; Frankreichs Kulturjahr 2004 zum "Jahr Chinas" erklärt; Gao Xinjian, in Paris lebender chinesischer Literaturnobelpreisträger von 2000 und Dissident, nicht zur Buchmesse eingeladen, deren Thema natürlich "China" lautet.

Taiwan aber, lange Zeit einer der besten Rüstungskunden Frankreichs, ist für Paris ein pikantes Thema. Beim Verkauf von sechs Fregatten 1991 flossen wohl 599 Millionen Dollar Schmiergeld. Eine Strafzahlung in dieser Höhe droht nun auch Frankreich. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2004)