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Illustration: APA/ESA
Paris/Darmstadt - Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt wollen die Europäer auf einem Kometen landen, der mit einer Geschwindigkeit von 135.000 km/h durch das All rast. Am 26. Februar startet von der Bodenbasis Kourou in Französisch Guayana die "Rosetta"-Mission der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Das 770 Millionen Euro teuere Vorhaben soll helfen zu erklären, wie das Sonnensystem entstand und auf der Erde Leben entstehen konnte.

"Rosetta ist eine der anspruchsvollsten Missionen, die je unternommen worden sind", sagt David Southwood, wissenschaftlicher Direktor der ESA: "Niemand hat bisher ein ähnliches Vorhaben gewagt." Ziel der rund drei Tonnen schweren Raumsonde, die von einer Ariane-5-Rakete in den Weltraum geschossen wird, ist der Komet Tschurjumow-Gerasimenko.

Geduld erforderlich

Bis die Raumsonde den Kometen erreicht, werden mehr als zehn Jahre vergehen. Um zu Tschurjumow-Gerasimenko zu gelangen, muss "Rosetta" eine Strecke zurücklegen, die der Distanz zwischen Erde und Jupiter entspricht. Für diese Reise reicht selbst die Schubkraft einer Ariane 5 nicht aus. Daher muss die Sonde vier Mal durch Vorbeiflüge an Planeten zusätzlichen Schwung holen.

Im Frühjahr 2014 ist es dann so weit. In einem Abstand von 675 Millionen Kilometern zur Sonne wird das Raumschiff nach Angaben der ESA den Kometen erreichen. Anschließend soll die Sonde für rund sechs Monate Tschurjumow-Gerasimenko umkreisen und von allen Seiten fotografieren. Spezialkameras und Spektrometer sollen Aufschluss über Dichte, chemische Zusammensetzung und Temperatur des Kometen geben. Im November 2014 wird "Rosetta" dann aus einer Höhe von einem Kilometer einen kompakten Lande-Roboter abwerfen.

Festklammern mittels Harpune

Wie Manfred Warhaut, Chef der "Rosetta"-Mission bei der ESA in Darmstadt, berichtet, hat der Komet lediglich einen Durchmesser von zwei bis zweieinhalb Kilometern. Entsprechend gering ist die Anziehungskraft von Tschurjumow-Gerasimenko. Um zu vermeiden, dass der Lande-Roboter nach dem Aufsetzen direkt wieder herunter fällt, wird eine Harpune in den Boden geschossen. Die Landeeinheit soll anschließend Bohrungen vornehmen und Bodenproben analysieren.

Alle Kometen sind in der so genannten Oortschen Wolke entstanden, einer Zone am äußersten Rand unseres Sonnensystems, wie Warhaut erklärt: "Sie waren quasi im Tiefkühlschrank des Sonnensystems." Seit Entstehung des Sonnensystems vor etwa 4,6 Milliarden Jahren haben sich die Kometen kaum verändert. Die stoffliche Zusammensetzung eines Kometen kann der Wissenschaft daher Aufschluss geben über den Zustand des Sonnensystems, als es noch jung war.

Potenzielle Lebensspender

Außerdem ist aus früheren Kometenmissionen bereits bekannt, dass Kometen Träger komplexer organischer Moleküle sind. Manche Wissenschafter glauben, dass diese Stoffe über den Einschlag eines Kometen erstmals auf die Erde gelangt sind. Dies könnte eine Art Initialzündung für die Entstehung des Lebens gewesen sein.

Sollten sich die Hoffnungen der ESA-Forscher erfüllen, wird "Rosetta" für eine weitere Premiere sorgen. Nach einem gemeinsamen Raumflug von rund 200 Millionen Kilometern werden Komet und Raumsonde voraussichtlich 2015 der Sonne so nahe kommen, dass sich der typische Kometenschweif entzündet. "Rosetta" wird damit voraussichtlich das erste Raumfahrzeug sein, das die Bildung des Kometenschweifs aus nächster Nähe beobachten kann. (AP/red)