"Wir alle waren oft und gerne dort", übertreibt Anwalt Manfred Ainedter. Ihn selbst trifft die "traurige Sache", der Brand der Wiener Sofiensäle im August 2001, sogar persönlich, wenn auch nur indirekt. Er musste heuer auf den Jägerball verzichten, gesteht er, weil tags darauf um neun Uhr früh der Prozess wegen "fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst" begann. Ein Dachdeckermeister und ein Arbeiter symbolisieren dabei den Umstand, dass Schaden nicht ohne Schuld sein kann. Gut ein Dutzend Anwälte und Sachverständige sind mit strengen Mienen, Plänen und Tabellen zum Abrechnen im Bezirksgericht bereit.

Die Vorwürfe klingen banal im Vergleich zum akademischen Aufwand, sie nach drei Jahren Ursachenforschung zu diskutieren. Der Dachdecker sei bei Flämmarbeiten über dem Kongresssaal nicht vorsichtig genug gewesen und habe zu wenig Wasser dabeigehabt. Der Firmenchef trage wie immer die Verantwortung. Gemeinsam hätten sie, nach den Worten des Staatsanwalts, "ein ausgedehntes Schadensfeuer durchgeführt".

Aufpassen

Der angeklagte Arbeiter, seit 30 Jahren auf Dächern, erinnert sich an die Weisung des Chefs: "Aufpassen bei so einem Haus, das alt ist!" Er hat das Dach vom Riesel gereinigt und frisch gedeckt. Dabei hat er das Blech angehoben, um Dachpappe darunter zu klemmen. Eine halbe Stunde sprechen er und der Gutachter nur über diese Dachpappe. Dann reicht es dem Angeklagten: "Ich weiß, was ich sag'! Es is a Unterschied, ob's ana amoi macht, wie Sie, oder ana so wie i des ganze Jahr!"

Plötzlich habe das Holz unter der Pappe geraucht. "Ganz wenig, wie a Zigarett'n". Und? - "I hab' Wasser eineg'leert." Zwei Eimer hatte er dabei. Zur Sicherheit haben er und seine Kollegen noch sechs Feuerlöscher verbraucht. "Hat's funktioniert?", fragt die Richterin. "Das sieht ma ja net", erwidert der Arbeiter.

Schauspieler Herbert Fux wohnt für die Bürgerinitiative "Rettet die Sofiensäle" dem Prozess bei. Er tippt auf "klassische Brandstiftung": Das baufällige Gebäude sei bewusst angezündet worden, um es abreißen und ein Hotel errichten zu können, meint er. Zeugen sollen dazu befragt werden. Der Prozess wird vertagt. (Daniel Glattauer/DER STANDARD; Printausgabe, 28.1.2004)