Graz - Irgendwo, am Weg zur Sondersitzung des steirischen Landtages, muss die Munition nass geworden sein. Die Sitzung, von der neue Erkenntnisse in der "Affäre Estag" erhofft wurden, in deren Folge der gesamte Dreiervorstand samt Ex-VP-Politiker Gerhard Hirschmann gefeuert wurde, verlief gegen alle Erwartungen eher lau.

Vieles blieb weiter nebulos, wohl auch, weil unterm Strich alle drei Parteien, ÖVP, SPÖ und auch FPÖ, über Aufsichtsräte oder Vorstände mit dem Energiekonzern des Landes personell verwoben sind.


Politische Verantwortung

In dringlichen Anfragen verlangten SPÖ, FPÖ und Grüne von Landeschefin Waltraud Klasnic und Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl ihre politische Verantwortung für das Desaster in der Energie Steiermark AG (Estag) darzulegen. SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Vize Franz Voves warf Klasnic und Paierl vor, es habe "keine professionelle Eigentümerbegleitung gegeben". Voves: "Paierl und Klasnic verstecken sich hinter dem Aktienrecht." Dass auch er mit 51 Anfragen zur Causa von der ÖVP konfrontiert werde, in der die Rolle der SPÖ hinterfragt werden solle, sei "ein reines Ablenkungsmanöver", denn zuständig sei allein die ÖVP.

VP verweist auf Sonderprüfung

Klasnic und Paierl blieben auf ihrer Argumentationslinie, wonach sie rechtzeitig im Sommer 2003 nach Auftauchen erster Hinweise über mögliche Verfehlungen im Konzern sowohl eine Prüfung des Bundesrechnungshof als auch eine aktienrechtliche Sonderprüfung eingeleitet hätten. Einige Brisanz dürfte noch ein Schriftstück bekommen, dass Paierl im Plenum zitierte und das die Verworrenheit der ganzen Causa dokumentiert. Demnach hat Gerhard Hirschmann am Höhepunkt der Affäre von Klasnic schriftlich Mäßigung in der öffentlichen Rhetorik im Zusammenhang mit dem größten Estag-Schadensfall, dem Energiepark Donawitz, gefordert. Eine öffentliche Debatte schade dem Unternehmen. Zum anderen hat aber gerade Hirschmann mit öffentlichen Äußerungen über Verfehlungen in seinem Unternehmen die Estag-Affäre ins Rollen gebracht.

Viel Verwirrendes also noch in dieser Estag-Affäre, deren Aufklärung der U-Ausschuss bringen könnte, der einstimmig installiert wurde. (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe, 28.1.2004)