Zu Jahresende hat Österreich die Maßnahmen gegen illegale Online-Glücksspielanbieter mit einem Werbeverbot und der Möglichkeit, Zahlungsströme behördlich zu unterbrechen, weiter verschärft.

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Clarissa S. hat mit 17 bereits einschlägige Internetglücksspiel-Erfahrungen. Während ihre Mutter sechs Wochen auf Studienreise war, stieß sie auf einen Kasinoklub, der eine Art Onlinechat mit Spielkarten bot. Das Spielbudget stellte der Anbieter gratis zur Verfügung. Nach und nach stieg Clarissa in virtuelle Black-Jack- und Poker-Runden ein und musste dafür bloß zwei Kreditkarten-Abbuchungen bestätigen. Das war kein Problem, denn die Karte ihrer Mutter lag ungeschützt in der Schreibtischlade.

Alles lief nach den Regeln des zypriotischen Klubs ab, der sich (nach österreichischem Recht fälschlich und irreführend) als "konzessionierter und legaler Anbieter" darstellte. Bald traf auf dem Kreditkartenkonto die erste Überweisung ein. Doch am Monatsende war das Geld wieder weg.

Fälle häufen sich

Clarissa hatte rund 20.000 Euro verspielt, viel Ärger mit ihrer Mutter und einen psychischen Zusammenbruch.

Psychologen und Suchtberater müssen sich in letzter Zeit immer häufiger mit solchen Fällen befassen. Waren es früher vornehmlich Männer zwischen 20 und 40 Jahren, so trifft die Spielsucht, die seit 1991 von der WHO offiziell als psychische Störung anerkannt ist, immer häufiger Frauen, Minderjährige und Arbeitslose, die sich eine schlagartige Befreiung von allen Geldsorgen erhoffen und dann das Gegenteil davon erleben müssen.

Die Eindämmung der Internetkriminalität und die damit verbundene Bekämpfung des ausufernden Angebots illegaler Internetglücksspiele zählt zu den vorrangigen rechtspolitischen Zielen des österreichische Bundesgesetzgebers in diesem Jahr. Die im Dezember 2003 in Kraft getretene Novelle zum Glücksspielgesetz sieht ein Werbeverbot für Internetglücksspiele vor und bietet außerdem den Behörden die Möglichkeit, Kreditkarten-Zahlungsströme zu und von illegalen Anbietern zu unterbrechen.

Nur eine Konzession

Legale Anbieter von Internetglücksspielen benötigen zwingend eine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz. Derzeit gilt das nur für die Plattform der Österreichischen Lotterien, win2day.at, die auf einer Identifikation der Spieler bestehen. Das entspricht der Pflicht der heimischen Kasinos, selbst bei Stammgästen Personalausweise zu kontrollieren.

Entgegen anders lautenden Meldungen ist diese Art der Marktkontrolle EU-konform. Zwar hat der Europäische Gerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung zum Fall Gambelli (Rs C 243/01 vom 6. 11. 2003) festgestellt, dass die italienische Regelung, die Annahme von Wetten ohne Wettkonzessionen unter Strafe zu stellen, zwei Grundfreiheiten (Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit) berührt und zudem diskriminierend sein dürfte. Das Urteil markiert jedoch lediglich die durch die Grundfreiheiten definierte Obergrenze und lässt dem österreichischen Gesetzgeber genügend Raum, seine Vorstellungen umzusetzen.

Gesetzgeber muss sich an Vorgaben halten

Weder reicht nach Einschätzung des EuGH das Ziel der Betrugsbekämpfung aus, um das Wettgeschäft massiv einzuschränken, noch stellt die Deckung von Steuerausfällen eine hinreichende Rechtfertigung dar. Im Sportwettensektor muss sich daher der jeweilige Gesetzgeber (in Österreich sind das die Bundesländer) an die EuGH-Vorgaben halten und darf nicht allein zum Stopfen von Budgetlöchern ohne weitere legitime Gründe an der Konzessionsschraube drehen.

Ordnungspolitische Auflagen wie die Kontrolle der Nutzeridentität oder der nationale Konzessionsnachweis, wie sie das Glücksspielgesetz vorsieht, bleiben hingegen zulässig. Die konkrete Angemessenheitsprüfung obliegt den nationalen Gerichten.

Wege zur Verschärfung

Für das Glücksspielrecht, das in Österreich der Bund regelt, hat das Urteil keine direkte Auswirkungen, zeigt aber auf, in welcher Weise das seit Jahren ausdrückliche Internetverbot zum Schutz der Konsumenten noch verschärft werden kann. Schon in den Neunzigerjahren wurde richtigerweise das Verbot der Einsatzannahme vom Ausland her und die Spielteilnahme bei nicht konzessionierten Anbietern gesetzlich verankert. Die derzeitigen Vorschriften leiden allerdings unter unterschiedlichen Strafdrohungen, und es gibt ein hohes Informationsdefizit über diese Vorschriften. Mit der Unterbrechung der Zahlungsströme und dem Werbeverbot sollen Internetuser besser geschützt, aber nicht strafrechtlich verfolgt werden. (Gerhard Strejcek, DER STANDARD Printausgabe, 27.1.2004)

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Hilfe für Spielsüchtige bietet die "Suchtberatung Baden",
Dr. Roland Mader, 2500 Baden Helenenstr. 40/41

Tel. 0 22 52/25 94 47

Email: baden@api.or.at

Seit kurzem besteht in Wien auch ein universitäres Zentrum für Glücksspielforschung, das wissenschaftliche Grundlagen für die Lösung des Inter- netproblems zu erarbeiten versucht.