Wien - Die in Asien grassierende Vogelgrippe, die für Menschen tödlich sein kann, ist den Wissenschaftern einen Schritt voraus. Das Rezept für eine Impfung liegt zwar seit Jahren bereit, doch das Rohmaterial für die Produktion ist noch nicht vorhanden. Wenn das Vogelvirus zur Menschen-Influenza mutiert, käme daher jede Impfung zu spät, um eine Epidemie zu vermeiden.

Da die Vogelgrippe ein Influenzavirus sei, sei ein Vakzin wie eine gewöhnliche Grippeimpfung aufgebaut, erklärte Franz Xaver Heinz, Vorstand des Instituts für Virologie in Wien, dem STANDARD. Man müsse aber das mutierte Virus "erst in der Hand haben" und folglich isolieren können, bevor mit dem Bau einer Impfung für Menschen begonnen werden könne. Ab dann dauere es "ein paar Monate", bis die Impfung weltweit auf den Markt käme - zu spät, um eine Epidemie zu verhindern, "weil die Grippe in den ersten zwei Tagen nach ihrem Ausbruch am ansteckendsten ist", betonte Heinz.

Derzeit könne sich der Mensch nur mit dem Virus infizieren, wenn er Kontakt mit einem infizierten Tier oder dessen Exkrementen habe oder rohes Tierfleisch verzehre, sagte Heinz. Ansteckung von Mensch zu Mensch sei erst möglich, wenn das Virus zu einem Menschen-Influenza-Virus wird.

Forscher am Saint Jude Children's Research Hospital in Memphis, Tennessee, und am National Institute for Biological Standards in Potters Bar, Großbritannien, testen außerdem eine Impfung, die auf einem Virusstrang aus dem Vorjahr aufgebaut ist. Dabei werden Erreger in Hühnereier injiziert. Wenn die Impfung auch gegen die Viren aus 2004 funktioniert, könnte damit eine Pandemie verhindert werden - Genaueres ist jedoch auch hier noch nicht bekannt.

Sechs Todesfälle

Am Montag meldete Thailand sechs Todesfälle - mutmaßlich Opfer der Vogelgrippe. In Kambodscha sollen zwei Kinder erkrankt sein, und auch Pakistan und Laos bestätigte den Ausbruch der Krankheit - allerdings noch nicht unter Menschen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind neun Staaten von der Geflügelpest betroffen, wobei nicht alle Viren identisch sind. (Jan Marot/Eva Stanzl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. 1. 2004)