Bild nicht mehr verfügbar.

David Kay.

Foto: REUTERS/William Philpott
Washington/London/Brüssel - Die ausbleibenden Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen bringen die Regierungen der USA und Großbritanniens immer mehr unter Druck.

"Enttäuscht" über erfolglose Suche

Der britische Außenminister Jack Straw zeigte sich am Montag "enttäuscht" über die bisher erfolglose Suche. In den USA forderte der führende demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry indes eine Untersuchung über die Kriegsgründe. Zuvor hatte der zurückgetretene US-Waffeninspektor David Kay Versagen der Geheimdienste und Korruption irakischer Beamter für die Fehleinschätzung in Bezug auf die Massenvernichtungswaffen verantwortlich gemacht.

Straw sagte am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel, die Entscheidung für einen Krieg sei heute noch genauso gerechtfertigt wie vergangenen März, weil der Irak den internationalen Frieden bedroht habe. Saddam Hussein habe nämlich UNO-Resolutionen missachtet. Die britische Regierung habe aber nie behauptet, dass der Irak eine unmittelbare Bedrohung für Großbritannien darstelle. US-Vizepräsident Dick Cheney ging in einer Rede vor dem italienischen Senat nicht auf die Frage der irakischen Massenvernichtungswaffen ein.

"In die Irre geführt"

Kerry warf der US-Regierung unter Präsident George W. Bush vor, die vom Irak ausgehende Bedrohung übertrieben zu haben. "Wir wurden in die Irre geführt, nicht nur von den Geheimdiensten, sondern auch in der Art und Weise, wie uns der Präsident in den Krieg geführt hat. Ich glaube, da war viel Übertreibung dabei", sagte Kerry dem US-Sender Fox News am Sonntag (Ortszeit). Erst am Wochenende hatte US-Außenminister Colin Powell öffentlich bezweifelt, dass der Irak jemals Massenvernichtungswaffen gehabt habe.

Es gibt keine irakischen Massenvernichtungswaffen

Der am Freitag zurückgetretene Waffenexperte Kay bekräftigte am Sonntagabend im US-Rundfunk seine zuvor schon geäußerte Auffassung, dass keine irakischen Massenvernichtungswaffen existierten. Auf die Frage, ob er glaube, dass Präsident Bush dem amerikanischen Volk eine Erklärung für die Diskrepanz zwischen seinen Warnungen und den bisherigen Erkenntnissen schulde, sagte Kay: "Ich glaube, die Geheimdienste schulden dem Präsidenten etwas, nicht aber der Präsident dem amerikanischen Volk."

In einem Interview der "New York Times" erklärte der Waffeninspektor, die Geheimdienste hätten unter anderem das Spiel der irakischen Wissenschaftler nicht durchschaut. Diese hätten dem damaligen Staatschef Saddam Hussein ehrgeizige Waffenprogramme vorgelegt, um Forschungsgelder zu erhalten. In diesem korrupten System seien manche Waffenprogramme rein erfunden worden.

"Was ist da los?"

Auch der frühere Leiter der UNO-Inspektoren im Irak, Hans Blix, erklärte, die USA hätten wissen müssen, dass die Geheimdienstinformationen nicht stimmten. Schließlich hätten die Hinweise, denen sein UNO-Team nachgegangen seien, zu keinen Ergebnissen geführt. "Ich fragte mich, was da los ist", sagte Blix der Nachrichtenagentur AP.

Untersuchungsbericht über David Kelly

Der britische Premier Tony Blair sieht sich indes am Mittwoch mit der Veröffentlichung eines mit Spannung erwarteten Untersuchungsberichts zum augenscheinlichen Selbstmord des Biowaffenexperten David Kelly im vergangenen Sommer konfrontiert. Kelly war die Schlüsselfigur bei den Anschuldigungen, Blairs Regierung habe Geheimdienstmaterial aufgebauscht, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des Irak-Krieges zu überzeugen.

Die Untersuchung von Lordrichter (Brian) Hutton soll die Umstände von Kellys Tod klären, dessen Name nach einem BBC-Bericht unter bisher ungeklärten Umständen öffentlich gemacht wurde. Kritiker werfen Tony Blair persönlich vor, Kelly als Quelle für einen entsprechenden BBC-Bericht geoutet und damit in den Tod getrieben zu haben. Blair hatte dies bisher vehement bestritten, aber zugleich eingeräumt, er wolle zurücktreten, sollte ihn Hutton der Lüge überführen.(APA/AP/Reuters)