Wien – So unterschiedlich die Kinderbetreuungssysteme in Europa auch sind, einen Pflichtbesuch, wie er von SP-Chef Alfred Gusenbauer angedacht wurde, gibt es nirgendwo – weder für Inländer, noch für Migrantenkinder.

Finnland etwa bietet seit 1996 einen Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbetreuung für alle Kinder im Vorschulalter. Die Eltern können dabei optional zwischen einer Kindertagesstätte oder einem Tagesmüttersystem wählen. Zusatzplus: Die Betreuungsperson kümmert sich um maximal sieben Kinder.

Dänemark besitzt ein vielfältiges Angebot für alle Altersgruppen, wobei besonders die Betreuungsplätze für die Unter-Dreijährigen von fast 50 Prozent der Eltern genutzt werden. Auch die Dänen setzen dabei auf ein Netzwerk an geprüften Tagesmüttern.

Frankreich hat zwar eine lange Tradition im Bereich der Vorschulerziehung, bietet aber keinen Rechtsanspruch auf Betreuung bis zum dritten Lebensjahr. In den "école maternelles" wird für Kinder zwischen drei und sechs Jahren spielerischer Unterricht angeboten. Im letzten Jahr dieser Vorschule wird Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt. Der Besuch ist zwar nicht verpflichtend, tatsächlich wird die "école maternelle" aber von fast allen Kindern eines Jahrgangs, auch von Migrantenkindern besucht.

Spanien hat 1990 eine politische Willenserklärung für Bildung ab der Geburt abgelegt. In der Praxis bedeutetn das ein Bildungsangebot auch für Kleinstkinder, das auf spielorientiertem Lernen basiert. Anders als in Frankreich wird die Betreuung für Unter-Dreijährige jedoch nur selten in Anspruch genommen.

Großbritannien stellt in Sachen Kleinkindbetreuung einen Sonderfall dar. Während in den meisten westeuropäischen Ländern die Versorgung von der öffentlichen Hand übernommen wird, übernehmen die Briten nur für sozial bedürftige Familien die Kosten. Qualität und Vielfalt sind dafür aber gewährleistet. (pmd, kmo/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2004)