Mit den Stimmen der Regierungskoalition hat der römische Senat Mittwoch ein Ermächtigungsgesetz verabschiedet, das Justizminister Roberto Castelli freie Hand für eine umfassende Justizreform gewährt. Eckpunkte sind die Trennung der Laufbahnen von Richtern und Staatsanwälten und mehr Macht für Oberstaatsanwälte, die in Zukunft ihre Stellvertreter selbst aussuchen und auch deren Ermittlungsverfahren an sich ziehen können.

Richtern soll in Zukunft die Mitgliedschaft in Parteien und politischen Bewegungen untersagt werden. Die Disziplinarstrafen für Richter, die das Gesetz zu freizügig interpretieren, werden verschärft. "Wer die (kommunistische Tageszeitung) Unitá am Schreibtisch liegen hat, macht sich strafbar", erklärte der Justizsprecher der Alleanza Nazionale, Luigi Bobbio. Justizminister Castelli schwärmte von einer "epochalen Reform".

Die Richtervereinigung will streiken. "Man will Richter, die kuschen, und stattet die Oberstaatsanwälte mit monarchischen Kontrollbefugnissen aus", kritisierte deren Sekretär Claudio Castelli. "Die Reform lässt Grundübel der italienischen Justiz wie lange Prozessdauer und Ineffizienz unangetastet und konzentriert sich nur auf die Disziplinierung der Richter", so Castelli. Die Opposition sprach von "Strafmaßnahmen gegen unliebsame Richter". (DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2004)