Der Justizminister macht Druck auf die Regierung - Die Justiz soll einen "gigantischen Gewinn für die Volkswirtschaft bringen"
Redaktion
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Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer muss sparen und Personal abbauen - und fordert von der Bundesregierung 200 zusätzliche Richterposten. Böhmdorfer ist es mit seiner Forderung durchaus ernst. Er hat bereits eine Expertenkommission eingesetzt, die seinem Vorschlag das notwendige argumentative Unterfutter aufbereiten soll. "Die Justiz wäre in der Lage, einen gigantischen Gewinn für die Volkswirtschaft zu bringen", behauptet Böhmdorfer. Sein Ziel: Kein Verfahren soll mehr länger als ein Jahr dauern. Dafür braucht er 200 zusätzliche Richter - und eine zusätzliche Investition von 15 bis 20 Millionen Euro.
Vom Kreditschutzverband hat Böhmdorfer den Nutzen für die Volkswirtschaft errechnen lassen: eine Milliarde Euro. Das sei doch wohl Grund genug, der Justiz die notwendigen Planstellen zur Verfügung zu stellen. Mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe er sein Anliegen bereits besprochen, allerdings ohne ausreichend Antwort erhalten zu haben. "Ich werde mich nicht abwimmeln lassen", sagt Böhmdorfer im Gespräch mit dem STANDARD, "die Regierung wird sich mit diesem Projekt ernsthaft auseinander setzen müssen. Sonst müsste ich Konsequenzen ziehen." Für die Regierung würde diese Investition einen "Hakenschlag" bedeuten, wie der Justizminister einräumt.
"Wenn wir garantieren können, dass Verfahren bei uns längstens ein Jahr dauern, wird Österreich als Gerichtsstandort für die ganze EU höchst interessant", argumentiert Böhmdorfer. Österreich wäre damit als Schiedsgerichtsstandort attraktiv, "wir könnten auch höhere Gebühren verlangen".
Was die Novelle der Strafprozessordnung betrifft, stößt Böhmdorfer auf Widerstand in der eigenen Partei. Justizsprecherin Helene Partik-Pablé ist strikt gegen die Abschaffung der Untersuchungsrichter und gegen den frühzeitigen rechtsanwaltlichen Beistand für Beschuldigte im Vorverfahren. Böhmdorfer fordert nun eine parteiinterne Abstimmung im freiheitlichen Parlamentsklub binnen einer Woche. (Michael Völker/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2004)
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