Bild nicht mehr verfügbar.

Jan Philipp Reemtsma

Foto: APA/dpa
Hamburg - Der Historiker Jan Philipp Reemtsma hat Vorwürfen des ersten Ausstellungsleiters Hannes Heer widersprochen, die zweite Ausstellung"Verbrechen der Wehrmacht" seines Hamburger Instituts für Sozialforschung trage zum "Verschwinden der Täter" bei. "Es ist absurd zu behaupten, die Täter kämen nicht vor - gerade bei einer Ausstellung, die bestimmte Dinge aufnimmt, die die erste gar nicht in ihrer Schärfe und Präzision so in den Blick genommen hatte", sagte Reemtsma in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit".

"Selbstversöhnung"

Einen Zusammenhang mit dem Diskurs über die Selbstversöhnung der Deutschen mit ihrer Geschichte sieht Reemtsma nicht: "Es ist im Laufe der letzten Jahrzehnte schon so oft ausgerufen worden, es gäbe jetzt den Haltepunkt, die Deutschen seien nun mit der Geschichte versöhnt." Aber die Wehrmachtsausstellung, die Klemperer-Tagebücher und die Goldhagen-Debatte sprächen dagegen.

Zu den Auswirkungen der beiden Wehrmachtsausstellungen sagte Reemtsma, man werde in der Öffentlichkeit über dieses Thema nicht mehr so reden, wie man zuvor darüber geredet habe. Das sei der Erfolg des Instituts für Sozialforschung. Viel mehr könne eine solche Einrichtung nicht erreichen. Die Wanderausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944" wird vom 29. Jänner an in Hamburg als letzte Station gezeigt. Im April und Mai 2002 machte die zweite Auflage der Ausstellung auch in Wien Station.

Überarbeitung

Die erstmals im Jahr 1995 gezeigte Wehrmachtsausstellung war von Reemtsma nach massiven Zweifeln an ihrer Wissenschaftlichkeit im Herbst 1999 zurückgezogen worden. Historiker hatten moniert, dass manche Bilder nicht zu den Bildunterschriften gepasst hätten. Ein Expertengutachten ergab, dass die Ausstellung zwar Fehler und Ungenauigkeiten aufwies, in ihrer Kernaussage aber richtig gewesen sei. In der Neuauflage präsentierte sich die Wehrmachtausstellung doppelt so groß wie die alte und mit deutlich mehr Beweisen für die Beteiligung deutscher Soldaten an Kriegsverbrechen in der NS-Zeit.

Vor allem Veteranen des Zweiten Weltkriegs sahen durch die Ausstellung das Andenken an die Deutsche Wehrmacht "entehrt". An den Ausstellungsorten kam es zu zahlreichen Protestaktionen rechtsgerichteter Gruppen. Erst im Oktober 2003 wurde ein Dortmund ein Stinkbombenattentat auf die Ausstellung verübt. Am 9. März 1998 wurde in Saarbrücken ein Sprengstoffanschlag auf die Ausstellung verübt. Auch in Österreich kam es zu einer Störaktion und zwar in Klagenfurt, wofür zwei Burgenländer wegen Nötigung verurteilt wurden. (APA/dpa)