Georg Winckler, Rektor der Wiener Uni, bemüht sich um eine Beruhigung der Studenten, die immer lauter gegen das Universitätsgesetz protestieren. Trotz der Tortenattacke bei einer Diskussion am Dienstagabend sei er zu Gesprächen bereit, betont Winckler.

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Wien - Historisch betrachtet, befinden sich der Wiener-Uni- Rektor Georg Winckler und Hochschulsektionschef Sigurd Höllinger seit Dienstagabend in guter Gesellschaft. Die Pein, mit Torten beworfen zu werden, ist hierzulande zwar wenig - außer dem Wiener FP-Chef Hilmar Kabas hatte sie kein wirklich Prominenter zu erleiden - international jedoch weit verbreitet. Die Opfer sind nicht nur Politiker, sondern auch Künstler, Intellektuelle und Wirtschaftstreibende, die diskursiv besonders auffällig geworden sind. So traf es beispielsweise den französischen Philosophen Bernard-Henry Lévy bereits sechsmal - ein Rekord, neben dem Microsoft-Chef Bill Gates oder Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedmann mit je einer "Tortung" relativ unbekleckert davonkamen.

Am Tag danach suchte Rektor Winckler nach den Ursachen für die Attacke, die er und Höllinger bei einer von der SP-Zukunftswerkstätte organisierten Veranstaltung erlitten hatten. Er habe mit derartigen Aktionen schon gerechnet, denn die "Gewaltrhetorik" von Teilen der Studentenschaft sei ein ernst zu nehmendes Anzeichen gewesen. Hier würden nun "Methoden des Psychoterrors" eingesetzt.

Winckler fühlt sich zum "Buhmann" der Uni-Reform gemacht - einerseits in seiner Funktion als Vorsitzender der Österreichischen Rektorenkonferenz, andrerseits, weil er der Reform zugestimmt habe. Winckler: "Dadurch bin ich zu einer Symbolfigur geworden, von der man ein Scheitern erhoffte, um die ganze Reform zum Scheitern zu bringen."

Trotz der Tortenattacke zeigt sich der Uni-Rektor weiter gesprächsbereit. Er versucht der Aktion sogar etwas Positives abzugewinnen: "Die Vorfälle zeigen, wie wichtig es ist, dass Gespräche geführt werden."

Die von ihm erwartete klare Distanzierung seitens der Hochschülerschaft erfolgte umgehend.

"Kein Autokrat"

Auf die Frage, ob er nun den Studierenden bei ihren Forderungen nach Aufrechterhaltung der Mitbestimmung entgegenkommen wird, meinte der Rektor: Er sei "kein Autokrat", der beliebig über den Organisationsplan verfügen könne. Nun sei der Universitätsrat am Zug, aber natürlich gebe es Möglichkeiten der Abänderung des Organisationsplans. Eine Diskussionsplattform biete das vom Uni-Rat geplante Hearing am 30. Jänner. Mit dem ehemaligen Verfassungsgerichtshofpräsidenten Ludwig Adamovich hat Winckler einen prominenten Vermittler eingesetzt. Vermittlung habe aber nur Sinn, wenn beide Seiten bereit seien, meinte Adamovich: Ob das bei den Studenten der Fall sei, wisse er nicht.

Der Vorsitzende des Universitätsrates, Max Kothbauer, verurteilte jede persönliche Diffamierung oder gar Bedrohung als "unerträglich und klar abzulehnen". Er hält die Grundidee des Uni-Gesetzes, die Autonomie der Universität, für richtig, die starke Rücknahme der Mitbestimmung allerdings "für nachteilig". Deshalb müsse es Kommunikationsplattformen auf verschiedenen Ebenen geben.

Dass diese genutzt werden, scheint trotz der Proteste der Studierenden als wahrscheinlich. Am Mittwoch umstellte eine Menschenkette das Hauptgebäude der Uni, danach zogen rund 500 Demonstranten zu einer Hörerversammlung zum Alten AKH. "Worte statt Torte" stand auf Transparenten zu lesen. Bei der Versammlung konnte man sich nur auf die Einberufung einer weiteren Zusammenkunft im März einigen.

Inzwischen sucht die Polizei nach den Tortenwerfern. Ein Sprecher ist zuversichtlich, sie mithilfe einer Videoaufnahme fassen zu können: "Man sieht schon etwas." (Samo Kobenter/Peter Mayr/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2004)