Coop kochte eine Kundenbindungsaktion zusammen und drehte jedem zweiten Schweizer einen Topf an

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Die Schweizer gieren nach Schnäppchen, nicht anders als Österreicher oder Deutsche. Manche Eidgenossen kaufen sogar ausschließlich "Aktionen", so heißen Billig-angebote. Die jüngste Offensive des Einzelhändlers Coop jedoch setzt neue Maßstäbe: Das Unternehmen hat es innerhalb weniger Monate geschafft, statistisch gesehen jedem Zweiten der sieben Millionen Schweizer einen neuen Kochtopf anzudrehen.

Pro zehn Franken Einkauf vergibt Coop seit September einen Sammelpunkt. 30 Punkte füllen ein Kärtchen, das zum Bezug einer stark verbilligten "Pfanne" berechtigt, wie in der Schweiz der Kochtopf genannt wird. Statt 99 Franken kostet er dann nur noch 22,90. Sieben Modelle sind im Angebot. Wer sich alle holt, zahlt statt 568 nur 134 Franken. "Es läuft saumäßig gut", sagt ein Coop-Sprecher. Mehr als zwei Millionen Töpfe seien schon verkauft worden, bis zum Ende der Aktion Mitte Februar würden es schätzungsweise 3,5 Millionen.

"Pfannen-Trophy"

Die "Pfannen-Trophy" ist ein beliebtes Gesprächsthema im Alpenland geworden. In den Supermärkten lauern Punktejäger auf nicht eingelöste Marken, im Internet werden Punktekarten versteigert. "Eine Pfanne kann man immer gebrauchen", erklärt der Konzernsprecher den Kaufrausch. Der Preis für das Chromnickelstahl-Kochgeschirr ist so niedrig, weil Coop ohne Gewinn kalkuliert. Den holt sich das Unternehmen anderswo, denn die "Pfannen-Trophy" bindet Kunden im Kampf gegen den Rivalen Migros.

Die Töpfe werden kostengünstig in China produziert. Auf der Verpackung lässt sich diese Information nach einigem Suchen zwar finden. Die meisten Kunden aber sehen nur den 40-mal größeren Markennamen "Sigg Switzerland" und ein rot-weißes Schweizerkreuz daneben, was sie glauben lassen muss, sie hielten Schweizer Qualität in Händen. Verbraucherschützer protestierten ausgiebig, doch niemand hat sich über diesen Etikettenschwindel mehr echauffiert als die Firma Sigg selbst, Herstellerin trendig bunter Aluminiumflaschen: Die Töpfe kommen nämlich nicht von ihr, sondern von einem Konkurrenzunternehmen, dem sie nur den bekannten Namen verkauft hat. Die China-Produktion lässt Sigg nun um den Ruf der Marke fürchten. "Wir haben damit nichts zu tun", sagte der Konzernchef, nachdem die ersten defekten Töpfe bei ihm eingegangen waren, und drohte mit einer Klage; vor einigen Tagen wurde der Streit beigelegt.

Genug Töpfe

Jetzt haben die Schweizer aber erst einmal genug Töpfe, denkt man. Klarer Verlierer der "Pfannen-Trophy" sollte der Fachhandel sein. Das Ergebnis einer kleinen Umfrage: nicht der geringste Absatz-einbruch. Entweder ist das gelogen, oder es stand wirklich schlimm um die Ausrüstung Schweizer Küchen. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2004)