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Andi Herzog will noch am Ball bleiben.

Foto:APA/Artinger
Wien - "Der Andi Herzog", sagt der Andi Herzog über den Andi Herzog, "war immer ein gutgläubiger Mensch." Das wird sich nimmer ändern, er arbeitet zwar daran, "aber eigentlich ist es egal". Dass ausgerechnet er, der Gutgläubige, ein Abenteuer sucht, überrascht ihn selbst. "Ich hatte genügend Zeit nachzudenken. Ich habe mich nicht geziert, es muss halt alles passen. Vielleicht bin ich zu wählerisch."

Entschluss gefasst

Der Entschluss, weiterhin Fußball zu spielen, ist mindestens so gereift wie gefasst und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit "unumstößlich. Ich weiß, dass ich noch etwas draufhab." Wobei Herzog auf sein Alter (35) hinweist und klarstellt: "Sehr viele Stoppelschuhe werde ich nicht mehr zerreißen." Wohin ihn das Abenteuer ("mein letztes") führt, soll bis Ende Jänner geklärt sein. Die Ziele sind unterschiedlich, nach aktuellem Stand stehen drei zur Auswahl. Die Hohe Warte ist ein Kandidat, Herzog könnte bei der Vienna in der Ostliga kicken und danach einen Job in der Wirtschaft übernehmen, der Klubpräsident hat Beziehungen. Diese Variante spart zum Beispiel Flugreisen, ist andererseits nicht wirklich spektakulär, Herzog würden sich kaum neue Kulturkreise erschließen. Dann wäre noch ein Angebot aus der Wüste, ein weiteres aus China, "beide klingen viel versprechend". Der Kontakt mit dem ÖFB wird übrigens von beiden Seiten gepflegt, ein Rekordnationalspieler (103 Einsätze) bleibt interessant: "EM-Botschafter 2008 wäre eine Möglichkeit."

Herzog sagt, dass er mit sich im Reinen ist. Mag sein, dass der Abschied von Rapid im vergangenen Sommer seiner unwürdig war. "Es tut noch immer weh. Aber soll ich ewig bös' sein?" Versprechungen wurden nicht gehalten, Herzog ließ auf Drängen jene Klausel streichen, die den Vertrag automatisch verlängert hätte. "Das war eine Angelegenheit von zwei Minuten. Ich bin zu gutgläubig, wollte helfen." Das Hauptproblem bei Rapid sei das Geld gewesen, nicht das vorhandene, das fehlende. "Ich habe Abstriche gemacht, trotzdem sind die finanziellen Mittel in Österreich nicht ausreichend. Und ist Geld da, wird oft falsch investiert." Siehe Austria: "Aber das geht mich nichts an."

Zu viel Energei verschleudert

Natürlich ist dem Andi Herzog Rapids beachtenswerter Herbst nicht entgangen (Platz zwei), der Boom fand ohne ihn statt. "Mein Fehler war, dass ich zu viel erwartet habe. In Österreich sind viele Scharlatane tätig, die sind froh, wenn Leute wie der Toni Polster nicht heimkommen. Ich wollte nach zehn Jahren bei Werder Bremen diesen Professionalismus weitergeben, in dieser Beziehung bin ich doch gescheitert." Er habe sich mit einem Psychologen unterhalten, der dürfte die Ursachen erkannt haben. "Ich verschleuderte zu viel Energie, ich hätte mich auf mich selbst konzentrieren müssen. War meine Leistung schwach, war ich angreifbar, ich bekam eine auf den Schädel. Sicher auch deshalb, weil ich mehr als die anderen verdient habe. Außerdem waren vor einem Jahr Leute wie Ivanschitz oder Hofmann noch nicht so weit."

Nicht ganz im Saft

Vor ein paar Tagen hat sich der Transfer zum FC Kärnten zerschlagen. Herzog wollte "dem Pacult helfen", man war sich einig. "Dann wurde mir ein völlig anderes Angebot als ausgemacht gefaxt." Es hätte ein Abenteuer werden können. Herzog hat sich in den vergangenen Monaten fit gehalten. Logischerweise ist er nicht "hundertprozentig im Saft", einem Körper wie dem seinen, der unzählige Fouls aushalten musste, "tut das vielleicht gut". Fünfmal pro Woche übt er mit der Vienna.

Den ersten Teil der Trainerprüfung hat er bestanden. "Ein guter Fußballer kann ein sehr schlechter Coach sein, das ist mir klar." Er arbeitet hin und wieder mit Wiener Jugendlichen. "Man glaubt nicht, wie viele Talente es gibt. Die laufen bei Ankerbrot oder Post herum. In diese Leute muss man investieren, man darf sie nicht kaputtmachen. Es gehören Profis zum Nachwuchs."

"Wäre in Österreich versumpert"

Möchte es einer schaffen, sagt Herzog, und er hat es unbestritten geschafft, "muss er den Willen aufbringen, sich jeden Tag zu verbessern". Er selbst wäre in Österreich versumpert. "Weil mir alles zu leicht gefallen wäre." Für ihn war "Fußball als Bub mein Ein und Alles. Man ist verbohrt. Erst später lernt man, über den Tellerrand rauszublicken. Die Welt ist nicht nur ein Ball."

Herzog lässt sich also auf ein Abenteuer ein. Das sei ein Luxus. "Ich muss keine Existenzängste haben, das erfüllt einen mit Demut. Aber ich brauche eine Anspannung, muss die Sehnsucht stillen." Ein bisserl Ball soll immer sein. "Sonst wäre es nicht meine Welt." Sagt der Andi Herzog. Zum realistischen, gutgläubigen Andi Herzog. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 19.01.2004)