Wien - Skeptisch bis negativ haben SPÖ, FPÖ und Grüne am Sonntag den Auftritt der ÖVP-Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner in der Fernseh-"Pressestunde" kommentiert. Ferrero-Waldner habe "völlig im Unklaren" gelassen, wie sie das Amt als Staatsoberhaupt anlegen würde, so Norbert Darabos, SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiters des SPÖ-Kontrahenten Heinz Fischer. Aber auch Magda Bleckmann, Generalsekretärin des ÖVP-Koalitionspartners FPÖ, um dessen Unterstützung sich die Außenministerin bemüht, vermisst klare Standpunkte.

"Statements auswendig gelernt"

"Man hatte während der gesamten Sendung das Gefühl, sie habe ihre Statements auswendig gelernt und vertritt keine eigenen Positionen", so Darabos. In der Frage der Neutralität etwa fahre Ferrero-Waldner weiterhin einen Schlingerkurs: "Sie ändert in dieser eminent wichtigen Angelegenheit ständig ihre Meinung, je nach Opportunität." Skeptisch beurteilte Darabos auch die Ankündigungen der Ministerin in Richtung soziales Engagement: Bisher sei sie damit noch nicht aufgefallen. Im Gegenteil, sie sei mitverantwortlich für die "zahlreichen unsozialen Maßnahmen der schwarz-blauen Regierung".

Zur Ferrero-Ankündigung eines Wahlkampf-Abkommens sagte Darabos, die SPÖ wolle einen fairen Wahlkampf führen. Der von der ÖVP-Kandidatin angekündigte Entwurf ist bei der SPÖ freilich noch nicht eingetroffen, so Fischer-Sprecher Bruno Aigner auf Anfrage. Ob sie das Angebot Fischers zu einem persönlichen Gespräch, wie es vor zwölf Jahren auch die Kandidaten Rudolf Streicher und Thomas Klestil geführt hatten, annehmen werde oder ob die Parteisekretariate Kontakt aufnehmen sollen, habe Ferrero-Waldner nicht klargestellt, so Aigner.

Bleckmann: Klare Standpunkte gefordert

Bleckmann bezeichnete den Auftritt Ferrero-Waldners als "durchwachsen". "Die Außenministerin hat es konsequent vermieden, klare Standpunkte zu beziehen und diese auch zu präzisieren", so die FPÖ-Generalsekretärin, "die Frau Außenminister hat leider das Gefühl vermittelt, keine eigenen Positionen zu vertreten, sondern sich zu bemühen der Mehrheitsmeinung der österreichischen Bevölkerung in keinem Punkt zu widersprechen".

Ferrero-Waldner sei aber "sicherlich eine qualifizierte Frau, um das Amt des Bundespräsidenten auszuüben", fügte Bleckmann hinzu. Ihre Standpunkte zu Sachfragen - etwa Neutralität - werde sie aber "genauer definieren" müssen. Bleckmann begrüßte die Überlegungen einer Beschränkung der Kompetenzen des Staatsoberhauptes, um die FPÖ zu überzeugen, sei aber "einiges mehr erforderlich".

Lunacek: Schwenk in Sicherheitspolitik

Für die Grünen kritisierte die außenpolitische Sprecherin Ulrike Lunacek die Position Ferrero-Waldners in Sachen Neutralität und Nato als "nach wie vor nicht nachvollziehbar". Sie verwies auch darauf, dass Österreich innerhalb der UNO eine wichtigere Rolle spielen könnte als das heute der Fall ist. Lunacek: "Hier war Ferrero-Waldner auf protokollarischer Ebene durchaus aktiv, jedoch nicht auf politisch-inhaltlicher Ebene. Und das ist schade."

Kritik kam auch am Sonntag wieder von Homosexuelen-Organisationen. Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, bekräftigte den Aufruf, Ferrero-Waldner nicht zu wählen. Ferrero-Waldner trete ein für die Ungleichbehandlung und Diskriminierung von Lesben und Schwulen. (APA)