Am Höhepunkt des ÖBB-Streiks war den politischen Akteuren die Geschmeidigkeit des aus Berlin importierten ÖBB-Generaldirektors Rüdiger vorm Walde sehr willkommen. Während vom Rechnungshof abwärts viele, die zumindest ansatzweise über Sachkompetenz in Bahnfragen verfügten, vor der Zerteilung der Österreichischen Bundesbahnen in eine Holding mit vier Aktiengesellschaften und fünf weiteren Subfirmen warnten, fügte sich der ÖBB-Chef den politischen Wünschen und stimmte sämtlichen Reformplänen zu.

Drei Monate später hat der sprichwörtliche Mohr offenbar seine Schuldigkeit getan. Er kann gehen und wird in guter alter Proporztradition durch klassische Polit-Trupps ersetzt. Ihr im Parlament gegebenes Versprechen, in der neuen Bahn keine neuen Günstlinge zu versorgen, bricht die Regierung damit nicht - sie sorgt mit ihrer neuen Versorgungsaktion nur dafür, dass bereits in der Bahn Versorgte noch besser versorgt werden.

Entpolitisierung

Von der vor vier Jahren gepriesenen Entpolitisierung und der in der freien Wirtschaft erworbenen Sachkompetenz hat man sich damit freilich weiter entfernt, als dies für möglich gehalten wurde. Nun soll die bereits im Einfluss der Blauen befindliche Bahn offenbar vollends in deren Kontrolle gebracht werden.

Weit weniger dringlich behandelt wird - wie immer - das wirklich unter den Nägeln Brennende: die Reform des völlig veralteten Eisenbahnerdienstrechts. Dieses war schon vorm Waldes Vorgängern kein Anliegen und fristet auch jetzt ein von einer völlig absurden Privilegiendiskussion überlagertes Dasein. So eine Reform ist eben harte Arbeit und würde noch härtere Verhandlungen mit der Gewerkschaft verlangen. Die will sich aber keiner antun. So fährt der Zug jedoch im Eiltempo Richtung Streik, denn der Prellbock ist der 30. April.(Der Standard, Printausgabe, 17.01.2004)