Mehr "Spielraum für die Regionen" wünscht sich der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber vom Österreichkonvent. Ernsthaft nachgefragt: Warum eigentlich? Länder und Städte sind ja bisweilen nicht einmal in der Lage, den vorhandenen Spielraum effektiv zu nutzen. Ein klassisches Beispiel: das politische Chaos rund um die Feinstaubdramatik in der steirischen Landeshauptstadt Graz.

Seit Jahren weiß man dort um die schwere Belastung durch extrem hohe Feinstaubkonzentrationen, die wegen der ungünstigen geografischen Beckenlage der Region wie ein Glocke über der Stadt hängen. Landes- und Stadtpolitiker rieben sich zwar die Augen, als sie im vorigen Jahr die 138fache Überschreitung der Grenzwerte sahen; sie fanden aber bis dato noch immer nicht zu koordinierten, raschen Gegenmaßnahmen zusammen.

Blick in die Wartezimmer der Kinderärzte

Ein Blick in die Wartezimmer der Kinderärzte reicht, um die Auswirkungen der Staubbelastungen zu ermessen. Bis heute hat jedoch weder der Gesundheitslandesrat noch der zuständige Stadtrat auch nur einen Cent investiert, um wenigstens den Status quo wissenschaftlich erheben zu lassen. Ist es Unvermögen, und/oder wagt man das tatsächliche Ausmaß der Umweltbedrohung gar nicht erst fassbar zu machen? Landes- und Stadtpolitiker haben es in ihren Händen und allen Spielraum dieser Welt, Untersuchungen einzuleiten, Verkehrsströme zu regulieren, Fahrverbote, wenn nötig, zu erlassen, Aufklärungskampagnen zu starten - schlicht: alles zu tun, um die Staubbelastung zu reduzieren. Auch mit unpopulären Maßnahmen.

Und das ist der Haken. Graz lehrt: Länder und Städte brauchen oft wirklich nicht mehr "Spielraum" im Sausgruberschen Sinn, sondern schlicht eine Qualität, die im Konvent leider nicht behandelt wird: politische Courage. (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe 16.1.2004)