Wien - Für die Aktentasche sind sie viel zu umfangreich: Die Unterlagen über die Harmonisierungsgespräche füllen mittlerweile ganze Rollkoffer. Donnerstag und Freitag wurde verhandelt, kommende Woche geht es weiter. Eigentlich wollte die Regierung 2003 fertig sein - noch immer sind aber viele Fragen offen.
  • Einen Teilerfolg können die Verhandler vermelden: Die Schwerarbeiter-Regelung ist fast fertig und wird in Kürze in Begutachtung geschickt. Diese Regelung ersetzt die Hacklerregelung und ermöglicht bei besonders belastender Tätigkeit den Gang in die Frühpension. Im Sozialministerium wird eine Liste von Berufen erstellt, die unter die Schwerarbeiterregel fallen. Bewertet werden Arbeitsumfeld (enger Raum, gebückte Haltung), äußere Einflüsse (Kälte, Nässe, Lärm) und Stress. Ein Beispiel für solche schwere Berufe: Land- und Forstarbeiter.

  • Politisch umstritten ist das Übergangsrecht: Soll das neue harmonisierte Pensionsrecht für alle (wie ÖGB und FPÖ das wollen) - oder nur für unter 35-Jährige (wie die ÖVP das will) gelten? Hier wird eine Mischvariante angedacht: Das neue Pensionsrecht soll für alle gelten, alte Ansprüche werden mitgenommen - ältere Jahrgänge (etwa ab 60) werden aber von der Harmonisierung ausgenommen.

  • Völlig unklar sind die Kosten: Für eine Stichtagsregelung geistern Kostenangaben zwischen 800 (Beamtengewerkschaft), 100 Millionen Euro (Experte Bernd Marin) und "praktisch kostenneutral" durch den Raum. Die Verhandler wollen sich nicht festlegen - hängen doch die Kosten davon ab, welche Wünsche der Beamtengewerkschaft man erfüllt: Ob man etwa die Aktiveinkommen erhöht oder nicht. Die Beamten fordern das - allerdings liegen laut einer Erhebung der Statistik Austria bereits jetzt die Einkommen der Beamten um 15 Prozent über den Gehältern in der Privatwirtschaft, dazu beziehen Beamte um etwa zwei Drittel höhere Pensionen als Angestellte (und noch viel höhere als Arbeiter).

  • Möglich ist, dass zum Ausgleich Beamte, die jung genug sind, um unter die Harmonisierung zu fallen, aber alt genug, um beträchtliche Beamtenpensionsansprüche angesammelt haben, trotz Harmonisierung höhere Pensionsbeiträge zahlen. Derzeit zahlen ASVG-Versicherte 10,25 Prozent (ihre Dienstgeber 12,55 Prozent) - und Beamte zwischen 12,55 (für Jahrgänge vor 1960) und 11,05 Prozent (nach 1960 geboren). Zudem gilt für Beamte weder Höchstbeitragsgrenze noch Höchstpension.

  • Eingebaut werden in das neue Pensionsrecht soll eine "Nachhaltigkeitsformel": Mit dieser soll die Pension verringert und/oder das Pensionsalter angehoben werden, wenn Lebenserwartung oder Geburtenrückgang stark steigen.

  • Unklar sind noch, wie hoch Ersatzzeiten (Präsenzdienst, Kindererziehung, Arbeitslosigkeit) für die Pension angerechnet werden. Auf jeden Fall muss es höher als bisher sein, weil künftig alle Beitragsjahre für die Pension zählen. Die Höhe der Bewertung hängt aber davon ab, wie hoch frühere Betragsjahre aufgewertet werden - vom so genannten Aufwertungsfaktor. Je höher die Aufwertung, desto geringer müssen Ersatzzeiten bewertet werden.
(DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2004)