Die am Mittwoch bekannt gewordenen Vorwürfe lauten auf verbale und tätliche sexuelle Übergriffe bzw. Nötigung. Konkret soll der hochrangige Beamte die Kollegin ein Mal begrapscht, sie zu küssen versucht und anzügliche Bemerkungen über die Verwendung von Präservativen gemacht haben. Außerdem habe er ihr für den Fall, dass sie die Angelegenheit publik mache, mit Konsequenzen gedroht.
Noch am Mittwoch hatte es zunächst seitens der Gleichbehandlungsbeauftragten geheißen, die Causa sei erledigt. Der Beschuldigte war versetzt worden und habe sich entschuldigt, auf Wunsch des - inzwischen schwer erkrankten - Opfers sollten keine weiteren Schritte unternommen werden. "Wir wollten der Betroffenen die Belastung ersparen", rechtfertigt Landesamtsdirektor Gerhart Wielinger die Vorgangsweise. Erst der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft jetzt von sich aus Unterlagen angefordert hat, habe nun auch die Befassung der Disziplinarkommission notwendig gemacht.
Auf politischer Ebene übten Frauen aus den Reihen von SPÖ, FPÖ und Grüne einmütig Kritik am Vorgesetzten, dem Aufsichtsverantwortlichen und an Landeshauptfrau Klasnic. Man habe den Fall vertuschen wollen. Klasnic selbst wies den Vorwurf zurück: Sie selbst habe die betroffene Bedienstete sofort angehört und dem Landes-Gleichbehandlungsgesetz entsprechend die Frauenbeauftragte eingeschaltet. "Für die Klärung der Vorwürfe sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ist nach diesem Gesetz ein Verfahren unter Federführung der weisungsfreien Gleichbehandlungsbeauftragten des Landes vorgesehen. Diese hat die Vorwürfe zu prüfen und in Absprache mit der betroffenen Person die weiteren Schritte vorzunehmen", erklärte Klasnic in einer Stellungnahme.
Laut Gesetz sei für eine weitere Verfolgung nur mit Zustimmung der betroffenen Person möglich, so die Landeshauptfrau: "Diese steht im Vordergrund und vertraut darauf, dass ihr Anliegen vertraulich behandelt wird. Sie und nur sie, hat zu entscheiden, wie öffentlich der Angriff auf ihre Intimsphäre werden darf. Dies hat man zu respektieren, denn der Schutz der Betroffenen hat für mich oberste Priorität".
In diesem Zusammenhang von "Vertuschung" zu sprechen sei "fahrlässig und verantwortungslos", konterte Klasnic in der Aussendung am Donnerstag.
In Reaktion zur Stellungnahme von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (V) zur "Sex-Affäre" halten die Grünen fest, dass sehr wohl eine Anzeigepflicht seitens der Vorgesetzen bzw. der Dienstaufsicht vorliege. .
Wie nun Landtagsabgeordnete Edith Zitz entgegnet, beziehe sich diese Ermächtigungsregelung nur auf das Gleichbehandlungsgesetz. Nach dem Dienst- und Besoldungsrecht ist der Vorgesetzte aber verpflichtet, nach Klarstellung des Sachverhalts "unverzüglich im Dienstweg der Dienstbehörde Disziplinaranziege zu erstatten". Was den strafrechtlich relevanten Tatbestand - konkret der Nötigung - anbelangt, verweist Zitz auf die Strafprozessordnung, der zur Folge Beamte in ihrem Wirkungsbereich bei Verdacht verpflichtet sind, Anzeige an die Staatsanwaltschaft oder die Sicherheitsbehörde zu erstatten.