Schadenersatz in der satten Höhe von 22,1 Millionen Euro forderte die Mediaprint vom STANDARD. Der Oberste Gerichtshof ließ den Zeitungsriesen als zweite und letzte Instanz für Kartellverfahren abblitzen. Er folgte der Argumention von STANDARD-Anwältin Christa Fries.

Wofür verlangte die gemeinsame Tochter von "Kurier" und "Kronen Zeitung" diese doch recht stolze Summe? Die Geschichte beginnt bereits 1995. Im Spätsommer zeigte der STANDARD beim Kartellgericht an, dass die Mediaprint ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht: einerseits, indem sie das "Wirtschaftsblatt", nicht aber den STANDARD in ihre Hauszustellung aufnimmt, andererseits mit gezieltem Inseratendumping. "Powerpack" nennt die Mediaprint einen Tarif für Personalinserate, die außer im "Kurier" auch im Auflagenriesen "Krone" erscheinen, aber bei einem Bruchteil von deren Normalpreis liegen.

Einstweilige Verfügung

Mit einstweiliger Verfügung untersagte der Oberste Gerichtshof 1996 den beiden Blättern, Inseratenpreise unter das am 1. Jänner 1995 gültige Niveau abzusenken.

Den Rekurs der Mediaprint gegen die Verfügung lehnte der Oberste Gerichtshof ab. Sonst "bestünde die Gefahr weiter, dass aufgrund der bestehenden Marktmachtverhältnisse am österreichischen Tageszeitungsmarkt Dumpingpreisaktionen der marktbeherrschenden Antragsgegnerinnen" - also "Krone", "Kurier" und ihre Mediaprint den STANDARD in seiner "wirtschaftlichen Existenz derart gefährden könnten", dass seine "wirtschaftliche Vernichtung die Folge sein könnte".

Im eigentlichen Kartellverfahren lagen "gerade noch nicht" genug Anhaltspunkte vor, "dass diese Aktion Teil einer gezielten Strategie zur wirtschaftlichen Vernichtung" des STANDARD war. Nachsatz in der Zusammenfassung des Obersten Gerichtshofs: "Wenn auch verschiedene Umstände als massive Indizien gewertet werden konnten." Die einstweilige Verfügung wurde mit dieser Entscheidung auch aufgehoben.

Schadenersatz

Doch die Mediaprint schlug zurück: Der Zeitungsriese beantragte, DER STANDARD möge durch die Verfügung entstandenen Schaden ersetzen, unter dem Strich 22,1 Millionen. Wegen der Verfügung habe der Kurier sein "Preis-Leistungs-Verhältnis nicht kons^tant halten können".

Die erste Instanz wies die Forderung mit dem Argument ab, ein Schaden sei nicht festzumachen. Der Oberste Gerichtshof als zweite Instanz ging auf prinzipielle Rechtsfragen ein und fällte ein Grundsatzurteil, das über diesen Fall hinausgeht.

Kartellverfahren sind im öffentlichen Interesse, und werden nicht wie Zivilprozesse zwischen zwei oder mehr Konzernen geführt. DER STANDARD hat die Mediaprint also nicht geklagt, sondern nur beim Kartellgericht ein Verfahren beantragt, das dieses von Amts wegen führt.

Gleichheitsprinzip

2002 hat der Gesetzgeber für Verfügungen des Staatsanwaltes laut Strafprozessordnung, die ebenfalls von Amts wegen erlassen werden, Haftungen des Bundes ausgeschlossen.

Solche Bestimmungen fehlen im Kartellgesetz. Der Oberste Gerichtshof entschied nun, dieses Prinzip müsse auch hier gelten. Und das Gleichheitsprinzip verbiete, in solchen Verfahren den Bund, nicht aber den privaten Antragsteller von der Haftung auszunehmen. Kartellverfahren können ja sowohl Bundesbehörden als auch Betroffene beantragen. (fid/DER STANDARD; Printausgabe, 15.1.2004)