Wien - Der Zusammenbruch des italienischen Parmalat-Konzerns, lange Jahre als einer der größten Emittenten von Unternehmensanleihen in Europa aktiv, schadet bereits anderen neuen Großanleihen. So litten diese Woche vor allem die neuen Anleihen der Telecom Italia (TI) am Parlamat-Skandal. Das dürfte wohl nicht nur auf Italien-Bonds beschränkt bleiben: "Parmalat wird im Markt für Unternehmensanleihen in Europa zu höheren Risikoprämien führen, das wird sich bei den Zinsen bemerkbar machen", ist Wolfgang Dorten, Generalsekretär der Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG), überzeugt.

"Wir haben mit Parmalat gerade die 'Titanic' im europäischen Corporate-Bond-Markt erlebt", meinte Dorten am Mittwoch.

In mehr oder weniger starkem Ausmaß sind praktisch alle heimischen Fondsgesellschaften vom Parmalat-Debakel betroffen: "Man ist um diesen Titel nicht herumgekommen", sagte eine Fondsmanagerin der Capital Invest, der Fondsgesellschaft der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) zur APA. Die Capital Invest hat alle Anleihebestände verkauft, die letzten vor Weihnachten. In der Capital lnvest hat man nach eigenen Angaben bis auf die TI-Emission noch keine Parmalat-"Beschädigungen" für den Gesamtmarkt für Corporate Bonds registriert, "wollen wir hoffen, dass es so bleibt".

Anleger aus Österreich, die auf praktisch wertlosen Parmalat-Papieren sitzen, haben mittlerweile bereits mit Klagen gegen ihre Banken gedroht. Chancen, unter dem Titel "Beraterhaftung" durchzukommen, haben sie aber nur, wenn vom Anlageberater der jeweiligen Bank oder Investmentgesellschaft nicht zeitgerecht darauf hingewiesen wurde, dass Parmalat-Anleihen bereits als hochspekulatives Papier einzustufen sei. Damit müsste der Bank oder dem Fonds vom Kläger nachgewiesen werden, dass das Papier noch empfohlen wurde, als die Probleme bei den Italienern schon bekannt waren. Erste Meldungen über die Krise bei Parmalat hatten Anfang November - damals mit dem Rücktritt des Finanzchefs und Handelsaussetzungen - Eingang in die Medienberichterstattung gefunden. Spätestens ab da hätte ein Neuinvestor im Beratungsgespräch "auf Grund des Fachwissens des beratenden Experten" explizit auf ein zusätzliches Risiko aufmerksam gemacht werden müssen.

Für die von der Parmalat-Pleite geschädigten Fonds und Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) selbst ist die "Prospekthaftung" ein Angelpunkt für möglichen Regress. "Im Interesse der Anleger werden auch von den österreichischen KAGs alle rechtlichen Schritte ausgelotet", sagte Dorten. Theoretisch nämlich wäre die Möglichkeit gegeben, dass KAGs, die teure Abschreibungen vornehmen mussten, sich anhand der Emissionsprospekte der Anleihen bei den damaligen Emissionsbanken, bei Wirtschaftsprüfern beziehungsweise beim Unternehmen Parmalat selbst schadlos halten, sollten Investoren mit vorsätzlichen Falschinformationen in ein solches Investment gelockt worden sein. Bei Fahrlässigkeit durch die Emissionsverantwortlichen wiederum sei in solch einer Klage die Beweisführung schon schwieriger.

Die VÖIG selbst hat keine Parteienstellung, könnte also nicht namens der anderen klagen. Sollten sich in Österreich jedoch mehrere KAGs zu diesem Rechtsweg entschließen, werde man als Vereinigung "koordinierend wirken", so Dorten zur APA.

Das Anleihe-Emissionsvolumen des italienischen Milchriesen Parmalat beläuft sich nach italienischen Angaben von Ende letzter Woche auf 7 bis 8 Mrd. Euro. Das entspricht in etwa dem Jahresumsatz des Konzerns und gilt als besonders hoch. Das große Problem Parmalats sei aber weniger die Höhe der Emissionen, sondern ihre Fälligkeiten. Von den 7 bis 8 Mrd. Euro stünden bis 2008 4,6 Milliarden zur Rückzahlung an - und dafür fehlen die Mittel. Wie hoch die Anleiheschulden Parmalats in Österreich sind, darüber gibt es offiziell noch keine Auskunft. Nach österreichischem Fondsrecht darf ein Rentenfonds höchstens zu 10 Prozent in einem Einzeltitel investiert sein, diese Größe hat nach Angaben der Branche aber niemand erreicht.(APA)