Dass sich erstmals eine Frau im Auftrag der islamistischen Hamas in die Luft gesprengt hat, ist laut Scheich Ahmed Yassin ein Signal. "Der Widerstand gegen den Feind wird stärker werden, bis er unseren Boden und unsere Heimat verlässt", verkündete der Gründer der radikalislamischen Palästinensergruppe.

Reem Raischi, eine 21-jährige Mutter von zwei Kindern, hatte Mittwochfrüh am Kontrollpunkt Erez, der Hauptverbindung zwischen Israel und dem Gazastreifen, drei Soldaten und einen zivilen Wachmann mit in den Tod gerissen, mindestens sieben Personen wurden verletzt.

Die Attentäterin hatte sich unter palästinensische Arbeiter gemischt, von denen jeden Morgen einige Tausend an dem Grenzübergang überprüft werden, ehe sie an Arbeitsplätze in Israel gelangen. Nach Auskunft des israelischen Kommandeurs "überlistete" sie die Soldaten dadurch, dass sie hinkte. Sie erklärte, der Metalldetektor habe bloß deswegen gesummt, weil sie ein Platinimplantat im Bein habe.

Die Zeit, in der nach einer Soldatin gesucht wurde, die eine Leibesvisitation vornehmen sollte, nützte die Terroristin aus, um den Terminal zu betreten und die Bombe zu zünden. Von den sechs Frauen, die bisher "erfolgreiche" Selbstmordanschläge verübt haben, wurden vier den "Al-Aksa-Märtyrerbrigaden" und zwei dem "Islamischen Djihad" zugezählt. Am Mittwoch übernahmen die "Märtyrerbrigaden" und die "Hamas" gemeinsam die Verantwortung für das Attentat.

Israel verschärft Kontrollen für Frauen

Israel will die Behandlung palästinensischer Frauen an Kontrollpunkten der Armee verändern. Der Chef des israelisch-palästinensischen Verbindungsbüros im Gazastreifen, Yoav Mordechai, sagte dem israelischen Armeesender, bisher sei man "übervorsichtig" Frauen gegenüber gewesen. Insbesondere am Erez-Kontrollpunkt wolle man nun "strenger vorgehen".

Israelische Beobachter sahen in dem Anschlag auf den Checkpoint einen Versuch, eine der letzten Inseln der Normalität zu zerstören. In der nahen Industriezone von Erez verdienen viele Palästinenser in israelischen und palästinensischen Betrieben ihr Brot. "Das ist einer der wenigen Orte, wo Palästinenser arbeiten können", sagte Minister Gideon Esra, "nach den beiden Anschlägen werden die Einreisebedingungen wieder verschärft werden, sie bringen Tausende Palästinenser um ihren Lebensunterhalt." (DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2004)