Ein alter Spruch sagt, manchmal hätten auch Leute mit Verfolgungswahn echte Feinde. Dass die USA echte und sehr ernst zu nehmende Feinde haben, ist evident. Das Thema Paranoia drängt sich aber langsam auf angesichts des jüngsten Vorhabens der US-Behörden, allen Fluggästen ein Pickerl zu verpassen: Grün für harmlos, Gelb für "noch ein Sicherheitscheck" und Rot für: darf nicht fliegen und steht schon mit einem Fuß in Guantánamo. Eine Definition für Paranoia lautet auf eine "zunächst isolierte, langsam progrediente Entwicklung eines systematisierten Wahns bei erhaltener Klarheit des übrigen Denkens, des Wollens und Handelns. Es können verschiedenste inhaltliche Wahnausrichtungen entstehen wie Beziehungswahn, Eifersuchtswahn oder Verfolgungswahn. Von Paranoia Betroffene halten sich selbst meist nicht für krank." Die Verteilung der Pickerln erfolgt durch persönliche Daten der Fluggäste, die mit den Datenbanken der Geheimdienste abgeglichen werden sollen. Was dabei rein praktisch herauskommt, kann man sich schemenhaft vorstellen. Aber das Kernproblem liegt in der weiteren Aushöhlung der Demokratie und der individuellen Rechte durch die Sicherheitsmaschinerie. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2004)