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Die Tennismoral des Stefan Koubek ist momentan nicht unbedingt intakt.

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Wien/Auckland - Stefan Koubek (27) ist vor allem deprimiert. Als er den Ausdruck der neuen Tennisweltrangliste bekommen hat, musste er blättern und blättern, 90 Namen standen da vor seinem. Das war freilich keine Überraschung, Koubek wusste es. Vor einer Woche war er noch 53., es folgte die missglückte Titelverteidigung in Doha. Nach einem überraschenden Sieg über Mark Philippoussis scheiterte er am Koreaner Lee. Der Computer reagierte gnadenlos. "Ich bin um eine schmerzhafte Erfahrung reicher. Das heißt, ich muss wieder in Qualifikationen. Ich schüttle den Kopf über mich."

In der Nacht von Montag auf Dienstag traf Koubek in der ersten Runde von Auckland auf den Spanier Alberto Martin. Der Kärntner verlor 4:6 und 4:6. Nun droht der (vorläufige) Abschied aus den Top 100, immerhin hatte er das Viertelfinale aus dem Vorjahr zu verteidigen. Betreuer Günter Bresnik war vor Ort, er wollte ursprünglich erst in Melbourne erscheinen. "Es war aber eine Art Hilferuf." Bresnik ist "nicht besorgt, sofern er sich am Riemen reißt. Er kann ein ausgezeichneter Tennisspieler sein. Sein größtes Hindernis ist er selbst. Von ihm kann man alles und auch nichts erwarten." Abgesehen davon sei es nervend, "Niederlagen entschuldigen zu müssen. Ich kann das Gequatsche von den Top 30 nicht mehr hören. Man konnte ja auch nicht davon ausgehen, dass ausgerechnet Koubek einen Titel wiederholt. Das schaffen fünf Spieler auf der Welt."

Ein großes Problem sei, so Bresnik, "die richtige Reaktion auf negative Erlebnisse. Man sollte sich dann auf den Acker stellen und schuften. Die Art und Weise, wie er mit Stress umgeht, ist nicht ideal."

Im Vorjahr musste Koubek (drei ATP-Siege, Lebenspreisgeld knapp zwei Millionen Dollar) 17 Erstrunden-Niederlagen hinnehmen. Bresnik: "Darin liegt die Chance, wieder nach vorne zu kommen. Er hat kaum Punkte zu verteidigen. Irgendwann sollte er aber zu einer Verlässlichkeit finden." Eine Sattheit schließt Bresnik aus: "Im Gegenteil, er hat eher Existenzangst. Will er seinen Lebensstandard halten, muss er ordentlich verdienen." Koubek kämpfe nach wie vor um die öffentliche Anerkennung. "Normal müsste ein Sieg über Philippoussis Respekt bringen. Bei ihm war das Gegenteil der Fall." Jürgen Melzer ist nun Österreichs Nummer eins (ATP 77), der verlor übrigens in der ersten Qualifikationsrunde von Sydney gegen Alex Bogomolov.

Bresnik wird Koubek aber sicher nicht fallen lassen. "Er bekommt bei mir notfalls auch das Gnadenbrot. Weil er leider ein netter Kerl ist." (Christian Hackl, DER STANDARD PRINTAUSGABE 13.1. 2004)