La Strada kämpft in 9 Ländern gegen den Frauenhandel.
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Klára Srivánková, Koordinatorin für den Bereich Prävention und Aufklärung, erzählte dieStandard.at über ihre Erfahrungen und Einschätzungen über die Rolle Tschechiens im internationalen Frauenhandel.

dieStandard.at Welche Arbeit leistet La Strada?

Klára Srivánková Wir arbeiten in mehreren Bereichen: in der Prävention, in der direkten Arbeit mit Opfern von Frauenhandel und natürlich engagieren wir uns auch auf politischer Ebene. Also von Aufklärungsworkshops über Notschlafstellen bis hin zu Lobbyarbeit.

Dass das nur auf internationaler Ebene funktionieren kann, ist klar. Deshalb gibt es La Strada in neun verschiedenen Ländern, von Bosnien-Herzegowina bis zur Ukraine. Das erfordert natürlich auch unterschiedliche Schwerpunkte. Gemeinsam ist uns aber unsere Philosophie: Frauenhandel beschränkt sich nicht nur auf Sexarbeit, sondern beinhaltet auch andere Formen der Zwangsarbeit.

dieStandard.at Wie schätzen Sie die Situation in Tschechien ein?

Klára Srivánková Tschechien ist ein Land des Ursprungs, des Transits und der Zieldestination. In den letzten Jahren hat sich die Situation ein wenig verändert, aber es gibt noch immer tschechische Frauen, die potentielle Opfer sind.

dieStandard.at Wer ist da speziell gefährdet?

Klára Srivánková Frauen mit geringerer Bildung, womöglich aus problematischen Familien und aus einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Auch innerhalb Tschechiens gibt es neue Entwicklungen. Der Frauenhandel zwischen den Regionen Tschechiens wird immer stärker.

Ebenfalls gefährdet sind Frauen aus der Roma-Community. Hier müssen wir sogar früher mit der Prävention beginnen, so mit 12 oder 13-jährigen. Wir haben für diese Gruppe auch spezielle Methoden entwickelt, da wir es da zum Teil mit großem Unwissen zu tun haben. Spiegel, auf denen unsere Info-Hotline zu lesen ist, wären da ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit.

dieStandard.at Welche Veränderungen sind da zu beobachten?

Klára Srivánková Mittlerweile sind mehr als 50 Prozent aller Frauen, die mit La Strada in Kontakt kommen, nach Tschechien verschleppt worden. Wir können natürlich nicht unbedingt sagen, ob das ursprüngliche Ziel Österreich oder Deutschland war und sie dann nach Tschechien verkauft worden sind.

Neu ist ebenso, dass Frauen und Männer als Haushilfe angeheuert werden. Die dürfen dann das Haus nicht mehr verlassen, haben keinen Kontakt zur Außenwelt und sind deshalb auch viel schwerer zu erreichen.

dieStandard.at Wie kommen die Frauen dann zu Euch?

Klára Srivánková Zum größten Teil durch die Polizei, die unser Angebot sehr gut kennt.

dieStandard.at Wie hoch ist der Grad des Bewusstseins der tschechischen Bevölkerung, was dieses Problem betrifft?

Klára Srivánková Niemand kann öffentlich behaupten, dass es dieses Problem nicht gibt. Dazu haben wir bereits viel zu viele Untersuchungen gemacht. Und wenn die Polizei wie vor kurzem eine Razzia macht und keine Opfer von Frauenhandel findet, heißt das noch lange nicht, dass es die nicht gibt. Vielleicht waren sie versteckt, konnten nicht frei sprechen oder hatten Angst, ihren illegalen Status in der tschechischen Republik bekannt zu geben.

(e_mu)