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Paul Scharner sieht keine Zukunft bei der Austria.

Foto:APA/Pfarrhofer
Wien - Am 1. Jänner, das neue Jahr brachte noch kaum die Augen auf, parkte Paul Scharner sein Dienstauto auf dem Parkplatz der Austria vor dem Horrstadion. Die Schlüssel für den Wagen und für die Dienstwohnung hinterlegte er im Postkasten, dann nahm er sein Binkerl und ward nicht mehr gesehen. Die Austria verlor seither ohne Scharner, dessen Mitwirkung wahrscheinlich nichts geändert hätte, das Hallenturnier, sie verlor auch den Kontakt zu ihrem Verteidiger, der vor einigen Monaten dem Trainer Joachim Löw die Einwechslung verweigerte, weil er sich den befohlenen Job nicht zutraute oder zumuten wollte. "Eine Lüge", sagt Austrias Trainer Kronsteiner zur Darstellung von Scharners Manager und Mentalbetreuer Valentin Hobel, Löw habe Scharner seinerzeit zugesagt, ihn exakt auf dieser Position nicht mehr zu verwenden.

Keine Demütigungen mehr

Scharner will mittlerweile weg von der Austria, er will sich die jahrelangen Demütigungen nicht mehr bieten lassen. Er wirft der Austria vor, sie habe ein Presseecho provoziert, das sein Image und seinen Marktwert schädige, sie habe ihm die von Exmanager Peter Svetits zugesagte Gehaltserhöhung von 30 Prozent vorenthalten. Außerdem habe sie ihm die UEFA-Cup-Prämie nicht gezahlt und ihm das Training mit der Mannschaft verboten. Eine gerichtliche Beschwerde gegen exakt diese unstatthafte Disziplinierungsmaßnahme führte einst zur Vertragsauflösung von Ferdinand Feldhofer (jetzt Rapid) mit Sturm Graz. Scharners Anwalt Friedrich Gatscha meint denn auch, die Fälle Scharner und Feldhofer seien vergleichbar. Man warte noch ab, ob Scharners Übertritt zu Austria Salzburg effektuiert werde, wenn nicht, werde per einstweiliger Verfügung eine berechtigte vorzeitige Vertragsauflösung vorbereitet und eine Transferberechtigung angestrebt. Laut Gatscha interessiert sich auch Bran Bergen für Scharner, in Norwegen beginnt die Meisterschaft Anfang April. Gatscha: "Wir warten die Entscheidung der Liga ab, die sich das Recht arrogiert, über die Rechtmäßigkeit der Austrittsberechtigung zu urteilen."

Kronsteiner: "Ich will Scharner immer noch, aber schön langsam geht mir die Geduld aus." Der Klub habe ein Dossier über Scharners und seiner Berater vereinsschädigende Aussagen. Seit dem 29. Dezember, als Trainingsbeginn war, habe man von Scharner nichts mehr gehört. "Damals schaute er bei der Türe herein, ich habe gerade mit Löw geredet und keine Zeit gehabt." Als Kronsteiner fertig geredet hatte, war Scharner weg.

Austria will mitverhandeln

Im Übrigen habe er, Kron-steiner, von Vertretern einiger an Scharner interessierter Klubs gehört, Scharners Unterhändler sei nur an direkten, nicht jedoch an Gesprächen im Beisein der Austria interessiert. Kronsteiner: "Wenn die Klubs da nicht zusammenhalten, hört sich alles auf." Diese Folgerung gelte natürlich auch für die Einwechslung. Und Svetits habe das Vertragsangebot von plus 30 Prozent auch nicht bestätigt, beziehungsweise an Bedingungen (Stammspieler, permanenter Teamspieler) geknüpft. Und die UEFA-Cup-Prämie "hätte er am Konto, wenn seine Forderung von unserem Büro als berechtigt erkannt worden wäre".

Der Einzelgänger Scharner scheint entschlossen, seinen Kopf durchzusetzen, selbst wenn es seine Karriere kosten sollte. Er trainiert bereits wieder, alleine. Austrias Kader ist noch auf Urlaub. (Johann Skocek DER STANDARD Printausgabe 10.11.01.2004)