Wien - Erstmals seit 1999 hat sich die Stimmungslage der österreichischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe im Vorjahr wieder verbessert. "Durch die Ergebnisse im letzten Quartal und im Gesamtjahr 2003 können die Unternehmen wieder positiv in die Zukunft blicken", sagte der Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Georg Toifl, am Donnerstag in Wien vor Journalisten. Für 2004 könne man durchaus von einer echten Konjunkturerholung ausgehen, so Toifl.

Alle rund 63.000 Betriebe hätten es im Vorjahr auch geschafft, die Beschäftigungslage für die rund 600.000 Mitarbeiter stabil zu halten. Toifl rechnet nun auch in den nächsten Monaten und für 2004 mit einer verbesserten Geschäftslage und mit einer möglicherweise sogar ansteigenden Beschäftigung.

Bessere Unterstützung der Regierung erwartet

Von der Bundesregierung erwartet sich der Spartenobmann zudem eine bessere Unterstützung bei der Firmenübergabe und nicht nur bei den Firmenneugründungen, die mit fast 30.000 im Vorjahr einen neuen Rekordwert erreicht hätten. "In den nächsten Jahren werden viele Betriebe übergeben werden müssen, hier ist einiges zu leisten", sagte Toifl. Als nicht ausreichend erachte er die EU-rechtliche Begrenzung, wonach die nationale Förderung 100.000 Euro für drei Jahre nicht überschreiten dürfe. Diese EU-Regelung sei für Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeiter "kein kraftvolles Instrument gegen Abwanderung". Er erwarte eine nationale Initiative auf EU-Ebene für eine bessere nationale Förderung, damit die Erhaltung und Innovation der Betriebe erleichtert und gefördert werden könne, so Toifl, und regt eine Verdoppelung der möglichen Fördersumme und eine Ausweitung der Verwendungsmöglichkeiten etwa für Betriebsübersiedelungen und Produktentwicklungen an.

Toifl wies auch darauf hin, dass mit rund 60.000 Lehrlingen fast die Hälfte aller 125.000 österreichischen Lehrlinge in Gewerbe- und Handwerksbetrieben ausgebildet werden. Jeder zehnte Beschäftigte in Gewerbe und Handwerk sei somit ein Auszubildender. Keine andere Sparte habe einen so hohen Anteil. Mit rund 40.000 sei auch die 40 Prozent-Marke bei den neuen Lehrlingen gehalten worden. Bis Ende Oktober seien 1,8 Prozent mehr Lehrverträge als im Vorjahr abgeschlossen worden, was Toifl als positive Auswirkung der 2002 eingeführten Lehrlingsausbildungsprämie zurück führt.

Lerndefizite

Kritik übte Toifl allerdings am österreichischen Bildungssystem. Bei den genannten 3.000 bis 5.000 Lehrstellensuchenden handle es sich im Wesentlichen um solche mit Lerndefiziten. Grundsätzliche Erfordernisse wie die Grundrechnungsarten, das Verfassen eines Lebenslaufes oder das Begreifen von Zusammenhängen sei leider oft nicht gegeben. In Richtung Bildungsministerium fordert Toifl die Überprüfung der Wahrheit von Zeugnissen: Ein positives Zeugnis eines Polytechnischen Lehrganges liefere oft ein falsches Bild. Entsprechende Maßnahmen, damit die Jugend lehrvertragsfähig werde, seien zu setzen.

Als nicht Ziel führend erachtet Toifl die aktuell diskutierte Strafsteuer für nicht ausbildende Betriebe. Solche Zahlungen in einen Lehrlingsausbildungsfonds würden die Problematik "absolut nicht" verbessern. Sowohl Betriebe als auch Lehrlinge würden bei dieser Form der "Zwangsbeglückung" auf der Strecke bleiben. Diese Lösung berge zudem ein großes Risiko. Unter anderem befürchtet der Spartenobmann, dass die Fondsgelder nicht zweckentsprechend verwendet werden. "Wir sind Fonds-Geschädigte", sagte Toifl und verwies auf Beispiele bei der AUVA und dem Insolvenzgeldentschädigungsfonds, deren Gelder auch für andere als die ursprünglichen Zwecke verwendet werden. Toifl sprach sich dagegen für freiwillige Verbünde der Ausbildungsbetriebe auf Branchenebene aus. Beispiel seien die Lehrbauhöfe der Bauwirtschaft, der Firmenausbildungsverbund Oberösterreich (FAV OÖ) oder der Ausbildungsfonds der Vorarlberger Elektro- und Metallindustrie (V.E.M.). (APA)