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Fokker 70 - Triebwerk

Grafik: APA
München/Wien - Viel schneller als angenommen, sind die Experten der Flugunfallkommission auf eine mögliche Ursache für die Notlandung der Austrian-Maschine bei München gestoßen. Wie die Fluggesellschaft Donnerstag auf STANDARD-Anfrage mitteilte, seien während des Fluges in beiden Rolls-Royce-Triebwerken Eisschutzleisten, so genannte Ice Impact Trays, herausgebrochen. Wie es dazu kommen konnte, sei noch Gegenstand der Untersuchungen in Deutschland.

Durch den Bruch der Schutzvorrichtungen könnte Eis, das sich in 4000 Metern Höhe auf dem Flugzeug gebildet hat und abgegangenen ist, in die Turbinen geraten sein. Der mechanische Schaden dürfte zu dem rapiden Leistungsverlust geführt und Flugkapitän Jan Michael Kurka zur Bauchlandung auf einem Acker gezwungen haben. Wie berichtet, wurde bei dem riskanten Manöver, sieben Kilometer vor dem Zielflughafen München entfernt, niemand ernsthaft verletzt.

Alle neun Fokker 70 der Austrian Airlines Group wurden inzwischen zusammengezogen, die Jets werden nach den neuen Erkenntnissen nun besonderen Sicherheitschecks unterzogen und den Boden bis auf weiteres nicht verlassen. "Das wird einige Tage dauern", kündigte Austrian-Sprecherin Livia Dandrea-Böhm an. Schon Donnerstag mussten deshalb neun Flüge gestrichen werden, unter anderem waren die Destinationen Hannover, Stuttgart und Sofia betroffen. In den kommenden Tagen sollen Flüge innerhalb der Austrian-Flotte abgetauscht beziehungsweise auf andere Airlines umgebucht werden.

Vereisung gefürchtet

Vereisung ist ein gefürchtetes Phänomen der Luftfahrt. Verkehrsmaschinen müssen deshalb Schutzvorrichtungen aufweisen, um zu verhindern, dass sich Eis überhaupt bilden kann oder dass abgehende Eisbrocken Schaden anrichten. Eis kann auch die Profilkontur eines Flugzeugs verändern und damit Widerstand und Flugeigenschaft beeinflussen sowie den Treibstoffverbrauch erhöhen.

Am häufigsten tritt Eisbildung an der Außenhaut eines Flugzeuges beim Flug durch Wolken auf. Bei Temperaturen knapp über null Grad überziehen die Wassertropfen das Flugzeug gleichmäßig und können durchsichtiges "Klareis" bilden. Liegt die Temperatur unter zehn Grad minus, wächst an exponierten Stellen bizarres "Raueis". Über der Wolkengrenze ist die Gefahr einer Vereisung gleich null. Beim Absinken aus großer Höhe in wärmere Gefilde können sich wegen des Temperaturunterschiedes jedoch Kondenstropfen bilden, die am kalten Blech anfrieren. (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 9.1.2004)