Sotheby's versteigerte 2000 den bronzenen Reiter Marino Marinis für etwas mehr als 785.000 Euro.

Foto: Sothebys

London - Sotheby's tut es seit 1999, und Christie's folgte 2000. Die Rede ist von einmal jährlich im Herbst stattfindenden "Italian Sales". Hinter diesen Spezialauktionen steht - wie bei österreichischer oder deutscher Kunst - zwar kein eigenes Department, aber das in London lancierte Angebot erweist sich stets als gut sortiert.

Zweifelsohne liebäugeln die beiden Auktionshäuser mit dem kunsthungrigen amerikanischen Markt. Dort gelten Preise von weniger als eine Million Pfund für Spitzenwerke als erschwinglich und im Vergleich zu den gründlich abgegrasten Franzosen und den klassischen Zeitgenossen als taufrische Schnäppchen.

Die Bilanz: Bereits bei der Premiere setzte Sotheby's mit 7,3 Millionen Euro eine Marke, die man im Folgejahr mit einem Umsatz von 10,5 deutlich übertraf. Seit damals floss viel Wasser die Themse hinab, Sotheby's behielt umsatzmäßig die Oberhand, und Christie's bewies Rekordzuschlagsqualitäten.

Die Auktionen im Oktober 2003 schlugen sich in der Bond Street mit 9,8 Millionen Euro zu Buche, und Christie's durfte sich einen Tag später mit 9,5 Millionen über den bisher höchsten Umsatz freuen. Zwischen 60 und 70 Prozent der Lose werden meist aus Italien eingeliefert, wohin etwas mehr als die Hälfte auch wieder retour wandert. Zuvor werden die Preise gemäß dem London-Bonus in erster Linie von amerikanischen und Schweizer Bietern höher gestemmt. Lucio Fontana (1899-1968) genießt diese Gunst ebenso wie Marino Marini, Giorgio Morandi oder Piero Manzoni. Die "schnittige" Eleganz Fontanas hat es vor allem den Amerikanern angetan, als Skulptur oder auch im Leinwandformat.

Geschlitzte Leinwände

Für dessen 1957 in Eisen gegossenes Concetto spaziale spendierte ein US-Bürger 560.000 Euro (Sotheby's 2001) - ein Rekord, der gleich im Folgejahr mit 785.000 Euro für blau glasierte, aus Eisen geschmiedete Blätter geschlagen wurde. Die Leinwände - oft monochrom, geschlitzt oder durchlöchert - liegen durchschnittlich in Preisklassen zwischen 280.000 und 350.000 Euro.

Vergleichsweise wenig bezahlt man hierzulande: Die Gruppe der International Auctioneers gab im Juni 2002 Fontanas Concetto spaziale Blu von 1968 für moderate 201.000 Euro ab. Den Zuschlagsrekord hält hier Christie's mit einem im Juni 2000 für knapp 962.000 Euro versteigerten Concetto spaziale.

Begehrt bei amerikanischen, Schweizer und italienischen Sammlern sind die meditativen Arbeiten von Giorgio Morandi (1890-1964). Sein Hauptsujet, das Stillleben, umkreiste Morandi in seinem Oeuvre geradezu monomanisch. Es sind Werke, bei denen vertraute Gegenstände mit Farbe, Form und Licht zu einer kosmischen Einheit verschmelzen.

Eine stille Kunst, deren Wert in den vergangenen Jahren massiv gestiegen ist. 2000 bezahlte ein italienischer Käufer für eine Arbeit von 1938 mit etwas mehr als einer Million Euro ein Mehrfaches der angesetzten Sotheby's-Taxe; dagegen wechselte ein frühes Arrangement von 1929 ein Jahr später bei Christie's für "nur" 450.000 Euro den Besitzer. Fans des puren Chics haben in dem schon in jungen Jahren verstorbenen Piero Manzoni (1933-1963) einen Meister gefunden. Seine weißgefältelten Leinwände, die Achromes, verführen in ihrer Schlichtheit zu bis zu 530.000 Euro und mehr - etwa im Oktober 2003, als Sotheby's eine Manzoni-Sternstunde zelebrierte: Zwei bestens konservierte Faltbilder motivierten zu einer Million Euro bzw. 673.000 Euro für eine schlichtere Variante.

Ein Stück europäischer Kulturgeschichte sichern sich amerikanische Sammler mit Arbeiten Marino Marinis (1901-1980). Beeinflusst von der Kunst der Etrusker, widmete sich Marini bis zu seinem Tod 1980 ein Leben lang dem Thema Pferd und Reiter. Sotheby's versteigerte 2000 einen kleinen bronzenen Reiter von 1919 (Auflage: sechs) für etwas mehr als 785.000 Euro, die 132 cm große Cavaliere-Variante galoppierte im Oktober 2003 zu mehr als 2,5 Millionen Euro. Zu den Newcomern der kommenden Saison zählen Pino Pascali (1935-1968) und Domenico Gnoli (1933-1970).

Christie's verabschiedete das Jahr 2003 mit zwei Weltrekordzuschlägen: 2,25 Millionen Euro hinterlegte ein US-Händler für Pascalis Cannone semovente , und in eine europäische Sammlung wechselte für fast 586.000 Euro Gnolis alltägliches Close-up eines simplen weißen Bettes. (kron / DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2004)