Justizminister Dieter Böhmdorfer: "Wenn man sehr vorsichtig rechnet, ersparen wir uns mindestens zehn Millionen Euro jährlich allein im Blickwinkel Rumänien."

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STANDARD: Sie wollen in Rumänien ein Gefängnis finanzieren. Warum nicht in Jugoslawien oder in Nigeria?

Böhmdorfer: Es ist nicht ausgeschlossen, dass man das auch in anderen Ländern machen kann. Mit Rumänien sind aber die Beziehungen sehr gut. Es bietet sich an, diesen Schritt mit einem Staat zu machen, mit dem man eher verwandte rechtsstaatliche Auffassungen hat. Es geht aber primär darum, dass dadurch nicht der staatliche Strafanspruch untergraben werden soll, er darf in der Durchsetzung keine Minderung erleiden. Wir müssen gewährleisten, dass jene Täter, die in Österreich Straftaten begehen, auch wenn sie im Ausland verurteilt und die Strafen dort vollzogen werden, genauso behandelt werden wie in Österreich. Einen solchen Vertrag werden wir mit Rumänien abschließen.

STANDARD: Es geht also nicht nur um bereits verurteilte Straftäter, sondern auch darum, dass die gerichtliche Verfolgung in Rumänien stattfindet?

Böhmdorfer: Ja. Es geht darum, dass in einfachen Fällen, wo die Beweislage klar ist, der Täter zum Beispiel geständig oder die Beweislage erdrückend ist, der gesamte Akt den rumänischen Behörden übergeben wird. Wir wollen sicherstellen, dass dort die Strafverfolgung auch so stattfindet, wie sie in Österreich stattgefunden hätte. Dann kommt der nächste Schritt, der Strafvollzug. Damit der Strafanspruch auch vollstreckt wird und nicht mit zweierlei Maß gemessen wird, wollen wir einen Anreiz schaffen und in Rumänien ein Gefängnis errichten.

STANDARD: Was würde das kosten?

Böhmdorfer: Nach unseren Erhebungen kostet das etwa ein Fünftel dessen, was es in Österreich kosten würde. Wir ersparen uns insgesamt eine beträchtliche Summe.

STANDARD: Was kostet ein Häftling pro Tag?

Böhmdorfer: Im Durchschnitt 100 Euro pro Tag, gleichgültig ob er gefährlich ist, nicht gefährlich, Österreicher, Nichtösterreicher. Natürlich machen die gefährlichen oder die Nichtösterreicher mehr Aufwand. Wir haben Häftlinge aus 89 Nationen.

STANDARD: Was würde sich Österreich ersparen?

Böhmdorfer: Derzeit kosten uns die rumänischen Häftlinge im Jahr 13,5 Millionen Euro. Die Errichtung eines Gefängnisses würde etwa drei Millionen Euro kosten. Das ist eine Einmal-Investition. Wenn man sehr vorsichtig rechnet, ersparen wir uns mindestens zehn Millionen Euro jährlich alleine im Blickwinkel Rumänien.

STANDARD: Haben Sie schon eine Antwort aus Rumänien bekommen?

Böhmdorfer: Wir führen erste Verhandlungen mit Rumänien, die Signale sind positiv. Es wäre aber ungerecht, mit dem Finger auf Rumänien zu zeigen. In Wirklichkeit ist es eine Kooperation im rechtsstaatlichen Sinn. Das sollte man keineswegs negativ einstufen. Ich glaube, dass es in der EU selbstverständlich sein wird, dass jene Bürger, die außerhalb ihres Heimatstaates eine Straftat begehen, im Heimatstaat ihre Strafe vollzogen bekommen.

STANDARD: Haben Sie ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter schon überzeugt? Die steht Ihren Plänen ja ziemlich skeptisch gegenüber.

Böhmdorfer: Das brauche ich nicht. Das ist eine Maßnahme der Justizpolitik, die auch aus einem Sachzwang heraus geboren wurde. Es kann sich kein Staat leisten, dass sein Ausländeranteil in den Gefängnissen über einen gewissen Prozentsatz wächst. In Österreich sind es 40 Prozent und in Wien sogar schon 60 Prozent. Da muss man Alarm schlagen. Außerdem ist es ein kreatives Sparmodell, das gleichzeitig auch eine Kooperation in Sachen Rechtsstaatlichkeit ist. Darauf lege ich Wert. Für mich ist es ehrlich gesagt unvorstellbar, dass das Parlament dazu Nein sagt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 7.1.2004)