SP-Klubchef Cap hält im Wahljahr 2004 nichts von halben Sachen. Der Gegner ist klar definiert und heißt ÖVP, das Ziel ein längerfristiges: Gusenbauer soll Kanzler werden.

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Standard: Wann wird Alfred Gusenbauer Bundeskanzler? Cap: Nach der nächsten Nationalratswahl. Im Jahre 2003 hat die Bundesregierung einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Standard: Da freuen Sie sich wahrscheinlich über jede Äußerung des Jörg Haider, die die Regierung destabilisiert?
Cap: Ich freue mich eigentlich nicht über jede Äußerung des Jörg Haider. Seine jüngsten Aussagen, wo er offensichtlich Saddam Hussein und den amerikanischen Präsidenten gleichgestellt hat, war einfach eine Aussage, die einen katastrophalen Schaden für Kärnten und für Österreich nach sich gezogen hat. Ich bin sehr unglücklich darüber - aber das ist eine Situation, die Wolfgang Schüssel zu verantworten hat. Denn er war gemeinsam mit Jörg Haider der Unterzeichner dieses schwarz-blauen Experiments.

Standard: Gerade jetzt wird aber die Steuerreform verhandelt . . .
Cap: Die Regierung hat sich geweigert, die Steuerreform vorzuziehen, die den kleinen und mittleren Einkommen Erleichterungen gebracht hätte. Wenn wir die neuesten Zahlen vom Weihnachtsgeschäft sehen, dann ist klar, dass im Endeffekt die Massenkaufkraft gelitten hat.

Standard: Ein strittiger Punkt ist auch, dass von der Regierung gesagt wurde, ja, man muss viel länger arbeiten, aber der Österreicher geht gerne zeitig in Pension.
Cap: Das Problem ist, dass die Regierung nicht ehrlich war während des Wahlkampfes. Unser Vorwurf ist, dass es Ideologen in den beiden Regierungsparteien gibt, die am liebsten hätten, dass der größte Teil der Pensionssicherung über die Börse, über den privatwirtschaftlichen Sektor finanziert wird und auf diese Art natürlich eine Wurzel für Zukunftsängste geschaffen hat. Dieser Privatisierungswahn war ja zu beobachten auch beim Börsengang von Telekom, beim Billigstverkauf der Voest und er setzt sich jetzt bei den Plänen zur Zerschlagung der Bahn fort.

Standard: Wenn das umgesetzt wird, was wird die SPÖ nach den nächsten Wahlen davon zurücknehmen können?
Cap: Die Regierung will mit ihrer "Speed kills"-Politik möglichst viele irreversible Politikentscheidungen setzen. Eine Privatisierung wie die der Voest ist unumkehrbar. Und was nicht zerstört wurde, wird schwarz eingefärbt. Wir haben eine andere Philosophie - wir sind für eine menschlichere und konsensorientiertere Politik. Wir sind zum Beispiel der Meinung, dass künftig die Sozialpartner wieder eine Rolle spielen sollen und nicht zurückgedrängt werden. Dann wird zu diskutieren sein, was da eventuell an Korrekturen, Veränderungen und Erneuerungen zu machen ist.

Standard: Wenn die Sozialversicherung auf kapitalgedeckte Verfahren umgestellt wird, kann man doch nicht sagen, das schaffen wir wieder ab und machen etwas anderes? Cap: Die Strategie dieser Regierung ist ja, möglichst viel der Politik zu entziehen - und wir kämpfen dagegen. Wir tun alles, um das politische Leben dieser Regierung zu verkürzen, weil wir glauben, dass es für das Land besser wäre. Jetzt kann es durchaus sein, dass es notwendig ist, dass der Staat in neue Bereiche expandiert und sich aus anderen Bereichen zurückzieht. Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass sich der Staat jemals aus Kernbereichen zurückzieht. Schauen Sie, was da jetzt von den Studiengebühren angefangen bis zu der geistigen Spielerei mit Privatisierungen im gesamten Bildungsbereich überlegt wird: Das ist der Versuch, die von uns erkämpfte Chancengleichheit zu beseitigen. Ich unterstelle der ÖVP, dass sie eine im eigenen Saft kochende Elitengesellschaft will. ÖVP-Nähe ist darin wichtiger als Leistung. (DER STANDARD, Printausgabe 2.1.2004)