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Der berühmte Parmigiano: Käse aus dem "Food Valley".

Foto:Reuters/PIERDOMENICO
Rom/Parma - Parma ist wütend. Dem Finanzskandal beim Lebensmittel-Giganten Parmalat begegnen die Einwohner der norditalienischen Stadt mit Fassungslosigkeit, Zorn und Enttäuschung. Der am Wochenende festgenommene Unternehmensgründer Calisto Tanzi sei doch immer "eine so freundliche, vornehme, großzügige und katholische Person" gewesen, sagt ein Verleger aus Parma. "Wie konnte das passieren?" Ein Lokalpolitiker urteilt: "So wie der Name Parmalat der Stadt Glanz beschert hat, so zieht der Zusammenbruch der Firma sie jetzt in den Dreck."

Bangen um die Arbeitsplätze

Die Region um Parma ist weltweit als Italiens "Food Valley" bekannt. Neben Parmesan-Käse und Parma-Schinken gehörten auch die Parmalat-Lebensmittel zu den Vorzeige-Produkten der Gegend. Bisher hielt die 170.000-Einwohner-Stadt in der Emilia Romagna mit vier Prozent eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten Italiens. Jetzt sind tausende Arbeitsplätze bedroht. Nicht nur die rund 1.000 Beschäftigten im Hauptsitz des Konzerns könnten bald auf der Straße stehen, auch Lieferanten und anderen Klein- und Mittelbetrieben stehen düstere Zeiten bevor. "Wenn Parmalat zusammenbricht, sieht es für die ganze Nahrungsmittelindustrie der Region schlecht aus", sagt ein Experte.

Unterdessen versuchen die Menschen in Parma Erklärungen für die Milliarden-Bilanzlöcher des Großunternehmens zu finden. "Vielleicht wollte Calisto einfach zu viel; vielleicht wollte er das Produkt Parmalat um jeden Preis weltweit berühmt machen und so mit dem "Rivalen" Barilla wetteifern. Vielleicht ist er dem Größenwahn zum Opfer gefallen", meint ein Stadtbewohner mit Blick auf Tanzi.

Positive Megalomanie

Bisher wirkte sich die "Megalomanie des Signor Tanzi" durchaus positiv auf die Region aus: Mehr als einmal stand Parma in der Rangliste der italienischen Städte mit dem höchsten Lebensstandard vorn. Tanzi ist auch der fußballerische Aufstieg der Stadt zu verdanken. 1990 kaufte er den Club AC Parma und brachte ihn mit dem Einkauf von Spitzenspielern in die erste Liga. Zudem steckte er Millionen in die Restaurierung berühmter Bauwerke.

Doch das jetzige Finanzdebakel wollen die Menschen dem Unternehmer anscheinend nicht verzeihen. Der Skandal sei eine Ohrfeige für die Stadt. "Denn bei diesem Verrat geht es nicht nur um Geld, sondern er betrifft unsere Glaubwürdigkeit und unser Image", sagt Parmas Bürgermeister Elvio Ubaldi. "Aber ich glaube, dass Parma stärker ist als Parmalat." Als künftiger Sitz der europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit bietet sich der Stadt schon bald die Gelegenheit, dies zu beweisen. (APA/dpa)