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Kanzler Schüssel führt die Rangliste der redefreudigsten Politiker in allen drei großen "ZiBs" an.

Foto: APA/Gindl

Grafik: Parteichefs in der "ZiB1".

Grafik: DER STANDARD

Grafik: Parteichefs und Jahresthemen in der "ZiB1"

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Grafik: Redezeit der Parteien

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Erstmals führt den ORF mit Monika Lindner seit zwei Jahren eine Frau. An der Verteilung von Redezeit zwischen den Geschlechtern in der wichtigsten Nachrichtensendung hat das wenig geändert: "Nur 13,4 Prozent aller innenpolitischen O-Töne entfallen auf Politikerinnen", schreibt Mediawatch in seiner Jahresbilanz für 2003. Das liegt nicht alleine an der Anstalt, sondern auch am Geschlechterverhältnis in der Politik.

Getreues Abbild des Kräfteverhältnisses im Nationalrat ist der ORF aber ebenso wenig. Muss er auch nicht, haben die zuständigen Gremien und Richter schon vor längerer Zeit festgestellt.

Rote Steuerreform

So bekam die Regierungspartei FPÖ bei 18 von 183 Mandaten in "ZiB 1" und "ZiB 2" fast fünf bis sieben Prozentpunkte mehr Redezeit als die oppositionelle SPÖ mit 69 Sitzen. Nur in der mitternächtlichen, deutlich weniger gesehenen "ZiB 3" überholt die SPÖ um vier Prozentpunkte.

Die Grünen schaffen in den drei wichtigsten Nachrichten des ORF zehn bis fünfzehn Prozent - bei einem Mandat weniger als die Freiheitlichen.

Dahinter steckt weit gehend, aber nicht allein ein Regierungsbonus der FPÖ. Über deren interne Turbulenzen muss der ORF auch berichten, wenn es den Kanzler wenig freut. So kam der FP-Chef und Exvizekanzler Herbert Haupt im August am längsten aller Parteichefs zu Wort - aber zu wenig willkommenen Themen wie der eigenen Obmanndebatte.

Und die Kanzlerpartei ÖVP? Die "dominiert" laut Mediawatch die wichtigsten "ZiBs" um 19.30, um 22 und um 24 Uhr. Und mit ihr Parteichef Wolfgang Schüssel. Der Kanzler führt "eindeutig" (Mediawatch) die Rangliste der redefreudigsten Politiker in allen drei großen "ZiBs" an: mit 2633 Sekunden vor Alfred Gusenbauer die zuseherstärkste "ZiB 1". Hier kam der SP-Vorsitzende 1703 Sekunden lang zu Wort. Um 22 Uhr steht es 4415 zu 2858, um Mitternacht 1954 zu 1128.

Bei manchen Themen ist Schüssels Dominanz in den ORF-Nachrichten zu brechen oder einzudämmen, schreibt Mediawatch: Zur Steuerreform etwa kam SP-Chef Gusenbauer mit 50 Prozent am längsten zu Wort. In der Pensionsreform indes führt Schüssel knapp vor Haupt und Gusenbauer. Und beim Transit liegt Grünen-Chef Alexander Van der Bellen knapp hinter dem Kanzler.

Eine weitere Disziplin beschert den Grünen Spitzenwerte: Sie werden im Fernsehen am stärksten (38,8) durch ihren Parteichef repräsentiert, knapp dahinter liegt die SPÖ. Den geringsten Wert weist Mediawatch naturgemäß der FPÖ mit 26,8 Prozent aus.

Mediawatch verfolgt nicht nur die Präsenz der Parteichefs: Vor allem die Streiks bescherten ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch 745 Sekunden in der "ZiB 1" und damit 62 Prozent der Präsenz von Spitzenvertretern der großen Kammern und Verbände.

Wenig überraschend führt Jörg Haider mit 850 Sekunden die Rangliste der redseligsten Landeshauptleute in der "ZiB 1" klar an. Platz zwei geht mit 230 Sekunden an Josef Pühringer, nicht zuletzt dank Landtagswahl in Oberösterreich. Vor dem ebenfalls 2003 wahlkämpfenden Tiroler Herwig Van Staa liegt noch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll.

Das muss keineswegs an der ORF-Generalin liegen, die vor dem Küniglberg ja zur Zufriedenheit das Landesstudio St. Pölten leitete: Pröll war schließlich lange als möglicher Präsidentschaftskandidat der ÖVP im Gespräch und zelebrierte das medienwirksam bis zur Absage. (fid/DER STANDARD, Printausgabe, 27./28.12.2003)