Um einige ranken sich Mythen, magische Kräfte werden anderen zugeschrieben. Ihr zeitweiser Besitz erhöht die Attraktivität des Besitzers, da viele mit ihm tauschen wollen. Das Leben, "ein ewiges give and take" so der polnische Feldforscher Malinowski, der diesen Ringtausch bei seinen Aufenthalten 1914 bis 1918 erforschte.
Im traditionellen Warenhandel wird allerdings weiterhin gefeilscht und ökonomisch gehandelt. "Reichtum zeigt sich durch Großzügigkeit", stellt Malinowski fest, und je mehr Tauschpartner jemand hat, umso mächtiger ist er, denn jeder Tauschpartner ist "Gastgeber und Beschützer in einem Land voller Gefahr". Die Region um die Trobriand-Inseln kennt bisher keine Stammeskriege. Deren Zufriedenheitsgrad ist hoch: Nicht der materielle Wohlstand, sondern primär eine glückliche Ehe, ein guter Freundeskreis und Kooperations- und Vertrauensbeziehungen am Arbeitsplatz sind die wichtigsten "Zutaten" zum Glück. Um den Aufbau solcher Beziehungen - im privaten wie im geschäftlichen - geht es zunehmend - und da kann man vom Kula-Ring viel lernen:
- Das "Mehr" in einer Beziehung pflegen: Durch Gabe und Gegengabe wird Vertrauen geschaffen - das ersetzt nicht, sondern ergänzt die Marktbeziehung. Nicht alles Ökonomische ist ökonomisch. Menschliche Beziehungen - und damit auch die Beziehungen zum Kunden - werden gerade durch das "Unnötige" zusammengehalten, das genauso gepflegt werden muss wie das auf Leistung und Gegenleistung ausgerichtete Verhältnis.
- Aus Fremden Verbündete machen. Die Teilnahme am Tausch verwandelt im Kula-Ring den Anderen in einen Verbündeten und "Beschützer" auf fremden Terrain. Kunden und Geschäftspartner bewegen sich "auf anderem Terrain", weil sie andere Interessen und Perspektiven haben. Dafür Verständnis und Respekt zu zeigen, ist wichtig. Nicht "Gegner", sondern Kooperationspartnerschaften sind langfristig lohnend - Unternehmen wie Toyota oder Dell beweisen das.
- Verbindungen bewusst lebendig halten. Die Kundenbeziehungen existieren unabhängig von den Transaktionen. Der "Kula-Pfad" wird auch in schlechten Zeiten am Leben gehalten.
Vier Mrd. Euro geben die Österreicher privat für Geschenke aus, nur 22 Prozent wollen es reduzieren. Anders bei den Unternehmen - sie haben vergleichsweise ihr Geschenkbudget von 6,3 Mrd. (1999) auf 2,9 Mrd. (2002) halbiert. Weihnachtskarten und Firmenfeiern mögen als "Rituale" belächelt werden - sie sind erlebbare Gesten, die Gemeinsamkeit fühlbar machen - unabhängig von den Zufälligkeiten der einzelnen Beziehungen. Ein Geschäftsmodell, eine Beziehung, die die sozialen Triebfedern genauso beherzigt wie die ökonomischen, ist nicht nur wertvoller, sondern auch dauerhafter.
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